24 - AprilKink 2023 - Die Farben der Freiheit (Orkar 2)

Content Notes

  • Füße, Fußfetisch.
  • Toxische Beziehung.
  • Gaslighting?
  • Non-konsensuelle Gewalt erwähnt.
  • Ausgeliefertesein.
  • Domination/Submission.
  • Ausnutzen.

Geschichte

Orkar nahm zu Fredens Füßen Platz. Er schob dazu den Tisch (den Fee-Tisch) etwas zur Seite und beschaffte sich ein Kissen. Außerdem beschwor er eine große Menge Nagellack in Gläschen herauf, die er um Fredens Füße und sich herumverteilte. Es wirkte gemütlich.

Dann, mit diesen Fingern, deren Sanftheit Freden vorhin schon vermutet hatte, zog Orkar Freden behutsam die Strümpfe aus. Sie hatten ein paar Druckstellen auf den Füßen hinterlassen, weil sie eine geriffelte Maserung hatten, und Orkar strich mit den Fingern darüber. “Du hast schöne Füße.”

“Danke”, sagte Freden. Es waren außerdem, nicht untypisch für Lobbuds, recht große und behaarte Füße, auf deren Nägeln viel Raum für Muster war.

“Hast du bestimmte Wünsche an die Lackierung?” Orkar wirkte mit einem Mal sehr entspannt. Das war schön. “Vielleicht irgendwelche Pride Farben?”

Freden schüttelte den Kopf. “Ich möchte heute keine Pride Farben haben.”

“Oh!” Orkar blickte fragend auf. “Findest du Pride Farben schlecht?”

“Nicht im Allgemeinen!”, widersprach Freden. “Andere sollen das gern tun, das mag ich. Und ich mag es an mir zu den passenden Anlässen auch. Aber heute möchte ich Farben haben, die nicht daran erinnern, selbst wenn es mit Stolz ist, dass ich oder meine Vorfahren für meine Existenzrechte haben kämpfen müssen. Ich möchte gern manchmal Tage haben, wo dieser Kampf nicht im Zentrum steht.”

“Das verstehe ich. So habe ich darüber noch nicht nachgedacht”, überlegte Orkar. Er wirkte etwas betrübt.

“Vielleicht kannst du es auch gar nicht. Ohne es böse zu meinen”, wandte Freden ein. “Ich habe das Glück, nun in einer Umgebung zu sein, in der ich einfach so sein kann, wie ich bin. Es ist nicht nur so, dass Leute in meinem Umfeld im allgemeinen akzeptierend und einladend sind, wenn ich darüber nachdenke, wie mein Geschlecht funktioniert, sondern es herrscht auch ein großes Verständnis des Themas. Ich bin nicht allein mit meinen Gedanken, ich bin nicht einmal irgendwie anders, ich bin normal.” Freden lächelte freundlich und fuhr mit ruhigerer Stimme fort: “Es gibt Tage, an denen ich kein einziges bisschen kämpfen muss. Ich glaube, so einen Raum hast du noch nicht gefunden. Kann das sein?”

Orkar antwortete eine ganze Weile nicht. Er sortierte die Nagellackfläschchen nach Farbe und Größe. Schließlich nickte er. “Ich glaube, du hast recht. Was als eine trans Person unter vielen schwierig war, zu verstehen. Aber für sie bedeutet es was anderes als für mich.” Vielleicht, um vom Thema abzulenken, fragte er: “Hast du denn Wünsche? Farben oder Muster?”

“Wenn du magst, mach etwas zum Thema Himmel. Sterne, Mond, Sonne, Wolken, so etwas”, wünschte sich Freden.

“An manchen Himmeln sind Regenbögen”, murmelte Orkar mit einem schelmischen Grinsen darin.

“Wenn du einen Regenbogen wie am Himmel hinbekommst, der nicht nach Regenbogenflagge aussieht, nehme ich den gern.” Freden versuchte, den Tonfall zu kopieren.

Orkar nickte und machte sich ans Werk. Er ging dabei so liebevoll mit Fredens Füßen um, dass es durch vis Körper kribbelte.

Vii hatte keinen entsprechend umgekehrten Fetisch. Vii mochte einfach die zärtliche Zuwendung und generell gern Berührung an den Füßen, weshalb vii gern mit Personen mit Fußfetisch spielte. Das war einfach sehr entspannt und schön. “Wünschst du dir noch etwas?”, fragte vii, als vis großer linker Zeh einen fabulösen Nachthimmel zeigte. “Möchtest du, dass ich still bin oder eher rede?”

“Wenn du magst, nur wenn du magst!, dann streichel mir über den Kopf”, bat Orkar. “Ich mag Abwertung, aber liebevolle, keine zu harte.”

Freden streckte die Hand aus, legte sie nicht mittig, sondern mehr an der Seite auf Orkars Kopf, neben das schwarze, weiche Haar, das einen Streifen auf der Schädelmitte beschrieb, und strich sanft mit dem Daumen über seine Schläfe. “So etwa?”, fragte vii sanft.

Ohne aufzublicken und ohne die Pinsel zum Nägellackieren zu vernachlässigen, schmiegte sich Orkar ganz leicht an Fredens Hand. “Du bist so lieb! Ich kenne Dominanz gar nicht in so lieb! Ist dir nicht nach was anderem?”

Freden schüttelte den Kopf, und weil Orkar nicht aufsah, teilte vii mit: “Nein. Eigentlich bin ich viel lieber sanft dominant, tatsächlich.” Noch leiser fügte vii hinzu: “Außer mit Mauk.”

“Das klang sehnsuchtsvoll”, stellte Orkar mit einem Schmunzeln in der Stimme fest.

“Zugegeben.” Freden steckte das Grinsen an. “Sie ist sehr maso. Das hat einen Einfluss auf meine Wünsche, was ich mit ihr tun will.”

“Bedienst du gern Fetische?”, fragte Orkar. “Ist das quasi ein Fetisch?”

“Ein Meta-Fetisch”, bestätigte Freden und zuckte mit den Schultern. “Aber ich habe auch ohne, dass andere nun welche hätten, eine Menge eigene. Und sanft dominant sein gehört definitiv dazu.”

“Oh”, machte Orkar. “Darf ich dir noch etwas erzählen? Etwas Schlimmes?” Orkar entschied sich für ein hellblau für den nächsten Zeh.

“Sehr gern”, sagte Freden, möglichst weich.

“Er, – ich sage ‘er’ ohne Namen, weil das sein Pronomen war und ich ihn anonym referenzieren will –, er war dominant und ich submissiv.” Orkar seufzte, malte erst einmal die Grundierung des Nagels zu Ende an und pustete sie sachte trocken. “Es klingt so falsch, wie ich das erzähle. Du weißt ja schon, dass ich submissiv bin.”

Freden strich als Antwort abermals sehr zärtlich mit dem Finger an Orkars Schläfe entlang. “Es ist in Ordnung. Sprache sitzt manchmal irgendwie quer.”

“Eigentlich will ich gar nicht im Detail davon erzählen. Er wollte mich immer zu Dingen zwingen, und dachte, das müsste doch mein Ding sein. Und ich dachte das auch.” Orkar schniefte und hielt plötzlich inne. Er drückte sich gegen Fredens Bein und Freden legte etwas kräftiger tröstend die Hand um seine Schulter. “Aber submissiv sein heißt nicht, dass ich Zwang mag, oder?”

“Das heißt es überhaupt nicht”, sagte Freden sehr sanft. “Es gibt ein paar submissive Leute, die Zwang mögen, aber für wirklich viele ist es nicht ihr Ding.”

“Ich glaube…” Orkar verhedderte und wiederholte sich: “Ich glaube, es ist kompliziert.” Orkar atmete langsam zitternd ein und aus. Er richtete sich auf, sodass Fredens Hand da nicht mehr hingehörte und Freden zog sie weg. “Wow.”

Freden wusste nicht genau, worauf sich das bezog, aber fand gerade wichtiger, zu geben, was gewollt war. “Hättest du meine Hand gern wieder auf deinem Kopf?”

Orkar antwortete nicht. Also tat Freden auch nichts. Wartete einfach ab. Orkar nahm sich einen mittleren Blauton für den nächsten Fußnagel. Stellte ihn verwirrt doch wieder weg und nahm stattdessen den Regenbogenlack, mit dem direkt in Streifen gemalt werden konnte. Er suchte sich eine Stelle in dem Lack aus, die sehr nach natürlichem Regenbogen aussah und malte damit sehr behutsam und mit meditativer Präzision einen Bogen auf Fredens hellblauen Zehnagel.

Es half ihm, sich mehr auf sich zu fokussieren, stellte Freden fest. Das war gut zu wissen.

Orkar seufzte, aber leichter als sonst. “Mich hat noch nie jemand losgelassen, obwohl ich nicht gesagt habe ‘Lass los!’”, sagte er. “Das macht mich gerade fertig.”

“Positiv fertig?” Freden versuchte, nicht zu arg irritiert zu klingen.

“Ja”, murmelte Orkar. “Ich glaube, ich würde gern doch ein Spiel mit dir spielen wollen.”

Freden verkniff sich, ihn zu informieren, dass sie bereits eins spielten. “Was für eines?”

“Ich würde gern, – das mag jetzt überraschen –, ausgeliefert werden. Also, dass du mich schon zu etwas zwingst. Aber nur mit der dafür notwendigen Gewalt und ansonsten sehr zärtlich.” Orkar weinte und wischte sich die Augen. “Und vorsichtig. Ich glaube, das kannst du.”

Freden nickte, als Orkar nun doch aufsah. “Ich glaube auch, dass ich das kann. Und ich würde sehr gern, wenn das deine nächste Frage ist.”

Orkar nickte. “Genau. Ich habe immer Sorge, dass ich nicht genug bin. Ich denke immer, dass ich als das Sub zu gefallen habe. Ich glaube, ich kann auch nicht genießen, wenn ich nicht gefalle, sondern du nur meinetwegen ein Wunschkinkzert für mich machst, verstehst du?”

Freden konnte nicht anders und schnaubte. “Hast du gerade Wunschkinkzert gesagt?”

Orkar nickte schelmisch grinsend.

Freden strich ihm doch über die Wange, achtete bei der Bewegung darauf, wie Orkar reagierte. Mit einem weichen Lächeln. So schön. “Ich würde dich sehr gern ein wenig ausnutzen, und das, was es für mich interessant macht, ist nicht Gewalt. Sondern deine Reaktionen und dass ich sie im Griff habe. Klingt das für dich interessant?”

“Sehr!”, sagte Orkar.

“Ich möchte aber gern die Fußnägel noch zu Ende lackiert bekommen”, wünschte sich Freden. “Und dass du dir dabei Gedanken machst, ob es wirklich ist, was du willst, oder ob ich mit irgendwas doch zu weit gegangen bin mit meiner Interpretation. Ich kenne dich noch nicht gut. Das würde mir Sicherheit geben.”

Orkar nickte. “Sehr wohl.” Und lackierte gründlich und glücklich weiter.