LitCamp 2021 : GateKeeping

Auf dem ersten LitCamp Heidelberg 2021, das online stattgefunden hat, haben Jade S. Kye und ich (skalabyrinth) einen Vortrag über das Thema Gatekeeping gehalten.

Link zum Video auf Youtube.

Link zum Tweet zum Beitrag auf Twitter.

Link auf die Folien als pdf-Datei.

Link auf die Folien in html-Form auf Jades Blog

Wir haben den Vortrag transkribiert und stellen hier die geteilten Notitzen/Shared Notes aus dem Vortrag, sowie das Transskript zur Verfügung.


Geteilte Notizen/Shared Notes

(Hier schreibt resa mit)

Was muss passieren?

  • Perfektionsdruck von Own Voices im Publishing nehmen, wenn sie über ihre Own Voice Erfahrungen schreiben und Verlagsstrukturen schaffen, die Marginalisierte unterstützen.

  • bei Ausschreibungen nicht “mögliche”, sondern “bevorzugte Formate” mit Hilfsangebot.

  • in der Zusammenarbeit mit nicht-Marginalisierten auf dem Buchmarkt unterstützende Strukturen erfragen.

  • Agenturen mit einem speziellen Angebot für Marginalisierte werden problematisch, wenn sie ein Out Sein voraussetzen.

  • Vernetzung in der Szene, damit Marginalisierte in den Verlagen ankommen.


Transskript zum Vortrag

Jade S. Kye

Skala, wenn du magst, kannst du schon anfangen.

skalabyrinth

Folie Vorstellung skalabyrinth

Ja, dann fange ich an.

Moin! Dies ist die Session über Gatekeeping, ich bin skalabyrinth. Ich schreibe Bücher und bin in allerlei Aktivismus ein bisschen verwickelt. Zum Beispiel zu Trans- und Nicht-binärfeindlichkeit, oder eher dagegen. Und gegen Ableismus und tatsächlich auch in Klimaaktivismus. Und übergebe an Jade.

Jade

Folie Vorstellung Jade

Jo, ich bin Jade. Ich schreibe und biete SensitivityReadings an1. Ich setze mich online sehr viel für gute, beziehungsweise richtige Repräsentation von Schwarzen Charakteren in der Literaturbubble ein und beschäftige mich auch mit GateKeeping und den Strukturen die dahinter stehen, was uns auch irgendwie zu dieser Präsentation gebracht hat. Du kannst weitermachen skala.

skalabyrinth

Folie Definition Gate Keeping

Dann fange ich an, GateKeeping zu definieren: GateKeepiung sind Regeln oder Auflagen, die Personen ausschließen. Das kann passieren durch Barrieren, also sowas wie, dass die Teilhabe oder die Teilnahme eine Finanzierung erfordert, oder einen bestimmten Einsatz, der schwierig zu leisten ist. Das kann passieren durch diskriminierende Definitionen oder Auflagen, etwa über diese leidliche Frage, wer ist trans. Oder durch mangelnde Sicherheit, wenn zum Beispiel im Raum permanent Diskriminierung passiert, ohne dass es Konsequenzen gibt und die einfach stehen bleiben kann.

Folie Content Notes

In diesem Vortrag reden wir über GateKeeping, das ist eine Form von Gewalt, also reden wir über Gewalt. Dies beinhaltet unter anderem auch Gaslighting. GateKeeping, das wir besonders betrachten, basiert auf Queerfeindlichkeit und Transfeindlichkeit, auf Rassismus, Ableismus, aber wir reißen auch anderes an. Also generell geht es hier um alle -ismen.

Folie Aufbau 1

Der Aufbau ist in acht Punkte unterteilt. Erstmal geht es um GateKeeping durch Barrieren, durch ableistisches GateKeeping, durch GateKeeping im Zusammenhang mit Geschlecht, um rassistisches Gatekeeping.

Folie Aufbau 2

Es geht um Gatekeeping bezüglich OwnVoices, und klassistisches GateKeeping. Dann gehen wir nochmal über allgemeine Mechaniken in Zusammenhang mit GateKeeping ein, die wir eben vorher schon für die spezifischen Unterpunkte erklärt haben, aber verallgemeinern das da ein bisschen. Und dann stellen wir die Frage in den Raum, was muss passieren. Das ist ein interaktiver Teil.

Folie Barrieren 1

Also erstmal zu Barrieren: Da möchte ich einsteigen mit einem GateKeeping, das wahrscheinlich viele von euch ein bisschen kennen. Dabei geht es um fehlende Offenheit oder darum, dass vielleicht irgendeine Challenge eine Ausschreibung oder ein Netzwerk bestimmte Regeln kommuniziert, wer einsenden darf, und die sind vielleicht ein bisschen harsch formuliert oder so, oder vielleicht auch ein bisschen unklar. Und wenn man dann nachfragen möchte, und eine unsichere oder schüchterne Person ist, oder eine neuroatypische Person, dann ist das schonmal eine gewisse Hürde überhaupt nachzufragen. Und wenn dann etwas zurückkommt, dass es nicht klarer macht, dann führt das häufig dazu, dass Menschen, die unsicher sind, nicht in Räume kommen können, oder halt nicht teilnehmen können. Oder zu viel Angst davor haben.

Das Ganze basiert natürlich auch darauf, dass es manche gibt, die sehr dreist sind und versuchen sich irgendwie reinzudrücken und irgendwie veruschen, etwas zu nehmen, oder auszunutzen, und dagegen ist eine gewisse Ablehnung oder eine gewisse Striktheit eine Form von Sicherheit, aber das schließt wiederum eben andere Leute aus.

Folie Barrieren 2

Dann ist eine Form von GateKeeping: Barrieren in Zusammenhang mit Teilnahmehürden. Zum Beispiel wenn man Formulare ausfüllen muss – das ist etwas, was mir zum Beispiel sehr schwer fällt –, oder wenn bestimmte Formate verlangt werden. Bei Formaten habe ich zwei Elemente, die ich da vorstellen kann. Einmal die Frage bei zum Beispiel Ausschreibungen, wenn nur odt oder docx als Format zugelassen werden, wenn man eine Kurzgeschichte einreicht, dann sind das Formate, die mit Office-Software erzeugt werden müssen, die zum Beispiel meistens überhaupt keine geringen Kontraste oder dunklen Themes zulassen, sodass die für mich schwer zu bedienen sind. Das heißt, wenn ich jetzt irgendwo was einreichen möchte, dann schreibe ich meistens PlainText und frage irgendeine Person in meinem Umfeld, wenn die gerade Zeit hat, ob sie mir das umformatiert, weil halt die Vorlage so erwünscht ist. Das ist also schwierig in diesem Zusammenhang.

Das andere sind Formate wie twitch oder auch dieses LitCamp, wo viel mit Video gemacht wird, was zu einer Reizüberflutung führen kann, oder was in einer Form ist, bei der nicht alle mitmachen können, weil sie zum Beispiel Hörprobleme haben. Oder auch, weil sie ein Gesicht zeigen müssten, sich outen müssten, und für manche Leute ist es nicht möglich, sich public als eine bestimmte Form von marginalisiert zu outen.

Als drittes gehört zu Teilnahmehürden, dass man in einem Netzwerk häufig seinen eigenen Teil leisten muss, und der ist dann für alle gleich gesetzt, aber Menschen mit Behinderungen oder auch mit psychischen Krankheiten zum Beispiel sind dauerenergieleer, und können diesen Teil nicht leisten und bevor sie fragen, ob es Sonderregeleungen für sie gibt, nehmen sie lieber gar nicht teil, weil wir halt auch gewohnt sind, dass wir dafür abgewertet werden und uns sowieso immer viel mehr anstrengen müssen.

Dann gibt es Verwaltungshürden, ich gehe da ein bisschen kürzer durch, hoffe ich.

Einmal Formulare, hatte ich eben auch schon zuvor, dass das Schwierigkeiten macht. Rechtliches und Gesetzte: Sowas wie, wenn ich SelfPublishing machen möchte, dass ich mich durch eine ganze Menge Zeug wühlen muss, wie, was ist der Buchfestpreis eigentlich, und worauf muss ich achten. Und dann kann man ja sagen, dazu gibt es halt google, oder viele Kurzzusammenfassungen. Aber Recherche ist auch im Internet so ausgelegt, dass es am besten funktioniert ist, wenn man neurotypisch ist, aber neuroatypische Menschen haben häufiger Schwierigkeiten, Suchmaschinen sinnvoll für sich zu benutzen, weil die Sprache häufig nicht so klar aufgebaut ist, oder es häufig schwierig ist, Doppeldeutigkeiten zu entschlüssen, sozusagen.

Folie Ableistisch

Dann gehe ich ein auf ableistisches GateKeeping. Das geht um Bücherschreiben allgemein. Dabei geht es zum Beispiel darum, dass bestimmte Stile gewünscht sind, als “Das ist guter Stil.”, “Das ist schlechter Stil.”. Dazu gehört zum Beispiel klassisch sowas wie “Show don’t tell”, also dass eine Szene mit Subtext verständlich gemacht wird und nicht darüber, dass etwas explizit ausgeschlossen2 wird. Das gilt als guter Stil. Aber für Leute, die Schwierigkeiten haben, Subtext zu verstehen, ist das vielleicht gar nicht mal der gute Stil, oder, ist es vielleicht sogar andersherum viel besser. Und auf diese Weise sind die Stile, die als guter Stil gelten, häufig nicht barrierearm. Das wiederum führt dazu, dass viele Schreibstile generell aussortiert werden, von zum Beispiel Menschen mit Behinderungen, schreiben über Depressionen, schreiben über Neurodiversität, und die bleiben dann in ihrer kleinen Bubble oder so, und werden nicht gelesen von vielen, sodass es dazu kommt, dass Diversität im Schreibstil fehlt, und Texte dadurch gegatekeept werden.

Ein anderer Punkt ist Rechtschreibung und Grammatik, da stoßen zwei Barrieren aufeinander. Nämlich einmal Leute, die nicht gut Texte lesen können, weil da die Grammatik und die Rechtschreibung nicht den üblichen Regeln folgt, aber dann gibt es wieder Menschen mit Legasthenie, – nicht alle, aber einige –, für die das eine große Barriere ist einen Text grammatik- oder rechtschreibfehlerfrei zu schreiben, oder die da eine riesige Hürde haben, das zu lernen. Meistens werden diejenigen, die Grammatik oder Rechtschreibung nicht gut können, geshamet und niedergemacht, und auch gern indirekt. Und dann wird häufig gesagt, ihr seid doch gar nicht gemeint, wir meinen Leute die es können, aber nicht versuchen, aber das wird halt irgendwie, ja. Also da gibt es so ein Shaming, was dazu führt, dass viele Leute erst gar nicht anfangen zu schreiben, wenn sie diese Schwierigkeiten haben.

Folie Geschlecht

Dann habe ich einen Punkt, der betrifft mich selbst, und da kämpfe ich seit ungefähr sieben Jahren oder auch mehr gegen: Das ist Diskriminierung oder GateKeeping im Zusammenhang mit Geschlecht. Dabei geht es um feministische Safe Spaces, die häufig nur für Frauen offen sind. Das Problem daran ist, dass im Zusammenhang mit Geschlecht aber nicht nur Frauen die Diskriminierung erfahren. Sexismus, Patriarchat und Mysogynie trifft alle LINTA*-Personen. Das sind Lesben – dabei bezieht sich lesbisch nicht ausschließlich auf eine sexuelle Orientierung, sondern auch auf Diskrimierung im Geschlechtszusammenhang –, inter Menschen, nicht-binäre Menschen, trans Menschen und agender Menschen. Wir werden alle üblicherweise schon im Namen aus feministischen Spaces ausgeschlossen, oder häufig. Nicht aus allen, aber aus vielen. Besonders, wenn diese Spaces eben in irgendeiner Form Safe Spaces sein sollen. Es passieren da eben viele unreflektierte Feindlichkeiten. Und diese Probleme. Wie zum Beispiel, wenn ich das Problem anspreche: Aber wir meinen doch “weiblich gelesene” Leute oder “Frauen*”, wodurch veruscht wird, uns immer wieder irgendwie doch als weiblich zu markieren, oder zu misgendern. Das heißt, wir haben eigentlich kaum eine Chance in diese Spaces zu kommen, wenn wir nicht misgendert werden wollen, oder unter einem Dach eines Frauennnetzwerkes unsichtbar gemacht werden wollen.

Die Argumente sind vielfältig und sehr unangenehm und ich habe darüber mehrfach gebloggt. Wenn solche Spaces dann aber doch geöffnet werden, dann wird häufig übersehen, dass damit wirklich nur der Name geändert worden ist, sodass Leute wie ich überhaupt zugelassen sind. Die Probleme selbst bleiben weiterhin vorhanden. Natürlich gibt es in einem Safe Space für Menschen, die im Zusammenhang mit Geschlecht diskriminiert werden, immer noch Transfeindlichkeit, Interfeindlichkeit und Nichtbinärfeindlichkeit, so ähnlich wie alle anderen -ismen.

Und das zweite Problem ist, wenn die Gruppe geöffnet worden ist, das meistens nach einem Kampf passiert, in dem sehr viele Leute dagegen geredet haben, und dieser Teil ist immer noch Teil der Gruppe. Das heißt, man kommt in einen Raum, in dem zuvor Verletzung stattgefunden hat.

Und damit gebe ich weiter an Jade.

Jade

Folie Rassistisch

Ich werde über mein “Lieblingsthema”3 sprechen, und zwar rassistisches Gatekeeping. Dafür habe ich jetzt einfach die Schlagworte gesammelt, die da am wichtigsten sind. Ich beginne mit White Fragility. Das ist letztlich die Reaktion von weißen Menschen, wenn sie auf rassitistisches Verhalten aufmerksam gemacht werden, und dieses Verhalten zeichnet sich dadurch aus, dass sie die kritisierende Person angreifen, nach dem Motto, das kann gar nicht sein, ich bin doch kein schlechter Menschn oder so. Oder anfangen, ihnen ein schlechtes Gewissen einzureden: “Wie kannst du nur so von mir denken?” Solche Sachen zum Beispiel. Und kann eben auch sich weiterentwickeln zu White Tears, von denen wir auf Twitter zum Beispiel relativ oft lesen, wo dann diese sehr emotionalen Reaktionen letztlich dazu verwendet werden, um die Menschen, vor allem die Betroffenen, die auf rassistische Probleme aufmerksam gemacht haben, zu silencen, einfach.

Dann, in dem Kontext, habe ich mir gedacht, dass Tone Policing eben noch ganz gut dazu passt. Das kommt natürlich auch in anderen Formen des GateKeepings vor, wie es zum Beispiel beim ableistischen oder jeder anderen Form auch, das ist ein relativ intersektionales Probelm. Beim Tone Policing geht es darum, dass es nicht wichtig ist, was du sagst, in einer Diskussion, egal wie richtig es ist, oder egal wie gut belegt das mit Fakten ist, sondern wie du es sagst. Wenn also zum Beispiel eine betroffene Person nach einem rassistischen Angriff versucht, sich zu verteidigen, verbal. Sich nach einem verbalen Angriff versucht verbal zu verteidigen. Dann wird dieser Person oftmals gesagt, dass man ja gern mit ihr reden würde, aber nicht in diesem Ton. Zum Beispiel. Und dann wird sozusagen die Expertiese, das Wissen, die Fakten, die diese Person mit an den Tisch bringt, direkt invalidiert, weil die Person kann es ja nicht komplett emotionslos und tonlos vorbringen, also kann das, was gesagt wird, gar nicht gut oder stimmig oder richtig sein, und ist viel zu subjektiv und emotional. Sozusagen. Und das ist eben auch eine Art und Weise der Diskussion, die Betroffene weit in die Enge drängen soll.

In dem Zusammenhang gibt es dann auch das Framing, das kommt mir zum Beispiel sehr bekannt vor mit dem Trope der Angry Black Woman. Wenn ich mich zum Beispiel gegen rassistische Äußerungen, Artikel, Bücher wehre, wenn ich etwas sage, wenn ich darauf aufmerksam mache, dann heißt es immer, warum bist du so sauer, oder “sei halt nicht so sauer” oder “sei nicht so empfindlich”. Man wird immer auf eine emotionale Schiene geschoben, um die Kritik, die in den Worten steckt, in irgendeiner Form abzuschwächen.

Mobbing, das ist, wenn sich dann die Leute, die auf problematisches Verhalten, angesprochen werden, zusammentun, um gemeinschaftlich auf eine Person einzuhacken, die auf Probleme aufmerksam gemacht hat. Passend auch zu der Begründung, warum marginalisierte Menschen OutCalls machen, und die öffentlich und nicht irgendwie sich im stillen Kämmerlein verziehen und dort dann versuchen, das Problem zu erklären. Weil die Gefahr, dass man erstesmal nicht ernst genommen wird, zweitesmal angegriffen und fertig gemacht wird, ist natürlich höher, wenn du dich als betroffene Person in einen feindlichen Raum begibst, der dir sowieso schon feindlich gestimmt ist, und dich dann alleine darein zu begeben, ohne Rückhalt, hmpf, würde ich jetzt auch nicht machen. Deswegen eher diese Outcalls, dieses Retweeten, das sich auf etwas bestimmtes beziehen zum Beispiel. Und dass dann halt in der eigenen Bubble, damit man zumindest in einem kleinerem Maße geschützt ist, weil man halt Menschen hat, die sich auch für einen stark machen, zum Beispiel.

Dann rassistisches GateKeeping: Ein sehr beliebter Grundsatz ist “I see no colors”. Ja, Betonungspause, nein. Das funktioniert einfach nicht. Weil letztlich, ja, du möchtest sagen, dass wir alle Menschen sind. Das ist richtig, ja, wir sind alle Menschen, ja, es gibt keine Menschenrassen, ja, das hast du gut erkannt. Das Problem ist allerdings, dass wir immer noch nicht gleich behandelt werden. Wenn du jetzt also sagst “I see no colors”, dann sagst du mir letztlich, dass dir meine gelebte Realität komplett egal ist, und dass du sie nicht sehen möchtest, was letztlich am Problem vorbeiführt. Und das ist eher eine Art Derailing, nach dem Motto, es gibt keine Probleme, weil, ich sehe dich ja nicht anders, als jetzt andere Menschen oder so. Und das ist halt einfach nicht Realität.

Dann, was auch ganz gern gesagt wird, dieses typische “Zensur”, dann darf ich ja nicht mehr über XY schreiben:

Doch, du darfst über alles schreiben. Komplett. Immer. Jederzeit. Das Problem ist nur, dass, wenn du jetzt zum Beispiel über Lebensrealitäten wie meine schreibst und das auf eine sehr rassistische, verletzende, traumatisierende und ekelhafte Art und Weise tust, dann werde ich dich finden, und ich werde die Leute darauf aufmerksam machen, dass es einfach nicht richtig ist, dass es verletztend ist, dass es rassistisch ist, dass es auf irgendeine andere Art und Weise -istisch oder feindlich ist. Und damit musst du dann halt rechnen. Weiße Menschen haben Zugang zu so vielen verschiedenen Genres und Möglichkeiten und Geschichten und so weiter und so fort. Warum also noch zusätzlich die Geschichten nehmen, von denen man halt einfach keine Ahnung hat, weil man diese Realität einfach nicht kennt. Die Mikroaggressionen und so weiter und sofort. Es sorgt dann auch wieder dafür, dass die Menschen, die dann halt wirklich literally darüber reden können, weil sie das erfahren, verdrängt werden, und das passt dann auch wieder zu dem Thema OwnVoice und OwnVoice-Verdrängung, wo wir auch noch drüber zu sprechen kommen werden.

skalabyrinth

Folie Own Voice 1

Own Voice hat zwei Folien. Über die erste rede ich. Und zwar werden in Anthologien ja manchmal Geschichten gefragt, und generell, über Marginalisierungen. Und da werden bevorzugt, wenn es nicht ausdrücklich irgendwie erwünscht ist, aber normalerweise bevorzugt Leute4 von nicht OwnVoice-Schreibenden gewählt, weil zum Beispiel das, was OwnVoices schreiben – also OwnVoice heißt, man schreibt mit einer Marginalisierung über die Marginalisierung. OwnVoices schreiben oft unbequeme Botschaften und Wahrheiten. Das ist dann irgendwie anstrengend für Lesende. Manchmal ist es auch so, dass OwnVoices gedruckt werden, die Tokens sind. Tokens sind Menschen, die Marginalisierungen haben, aber der Dominanzgesellschaft nach dem Mund reden, sozusagen. Also, im Prinzip die Vorurteile der Dominanzgesellschaft bestätigen. Das ist dann auch etwas, was Leuten irgendwie gewohnt vorkommt: Wenn in Geschichten die Stereotype vorkommen, die man gewohnt ist, denkt man, ja, das stimmt so, das kenne ich, und daher kann man das irgendwie besser quasi vermarkten oder verlegen. Wogegen es eben, wenn OwnVoices über die vielen komplexen Dinge schreiben, die sie wirklich erleben, wenn zum Beispiel nicht-binäre Menschen über ihre Lebensrealitäten schreiben, dann ist es häufig so, dass das komplette Weltbild zerpflückt wird, weil eben zum Beispiel generell dieses nach Pronomen fragen, oder Leuten kein Geschlecht zuweisen viel häufiger passiert. Sodass halt die Texte quasi vielleicht komplexer werden, oder ungewohnter, oder eben auch unbequem.

Jade

Folie Own Voice 2

Wir haben uns für OwnVoice-Erzählungen, -Geschichten, -Romane jetzt mal als Beispiel das Beispielgenre Gay Romance rausgesucht. Das Problem bei Gay Romance zum Beispiel ist, dass es einen relativ schlechten Ruf hat, weil es eben zum Teil sehr fetischisierend geschrieben ist, was wiederum schlecht ist, weil durch diesen schlechten Ruf Gay Romance zum Beispiel bei vielen Anthologien, Verlagen, Ausschreibungen oder sowas ausgeschlossen wird. Dass es heißt, du kannst alles abgeben, aber wir akzeptieren keine Gay Romance, zum Beispiel. Was wiederum auch problematisch ist, weil, selbst wenn dann Own Voice-Menschen, -Schreibende Gay Romance schreiben, die haben dann einfach nicht mehr diese Zugänge zu Literaturförderung, -preisen, den Zugang zu Anthologien, Sichtbarkeit. Der wird ihnen genommen, in diesem Genre, das ja auch so wichtig für die queere Gesellschaft ist, weil es dort endlich mal Repräsentation gibt. Natürlich, im Zusammenhang mit Gay Romance habe ich in den letzten Tagen auch die Feindlichkeiten von Seiten des Scouts Award mitbekommen, mit diesen “Ängsten und Befürchtungen”, die ich gar nicht wiederholen möchte, weil sie einfach widerlich, eklig, menschenfeindlich und einfach widerlich waren. Und mit sowas muss man sich dann halt rumschlagen, wenn man sich als Own Voice in einem Genre bewegt. Ich kann eigentlich gar nichts mehr dazu sagen, weil es mich so aufregt. Wir können weitergehen, sonst rante ich.

Folie Klassistisch

Dann gibt es noch das klassistische GateKeeping. Klassistisch oder Klassismus ist die Diskriminierung aufgrund der sozialen Herkunft oder einer sozialen Position innerhalb der Gesellschaft. Vor allem Mehrfachmarginalisierte haben damit zu kämpfen. Das bedeutet nämlich meistens, also ich kann jetzt aus meiner eigenen Erfahrung sprechen. Ich werde als Frau wahrgenommen5also da schonmal schlechte Karten, und ich bin offensichtlich nicht weiß. Also doppelt schlechte Karten. Und ich bin im gebärfreudigen, -fähigen Alter, sozusagen, also noch mal schlechte Chancen. Wer möchte eine 27-jährige, nicht-weiße, weiblich gelesene Person6 haben, zum Beispiel einstellen. Genau.

Und das sorgt dann halt dafür, dass man zum Beispiel mit weniger Einnahmen oder mit weniger Geld startet, wenn man jetzt zum Beispiel im SelfPublishing versucht irgendwie Fuß zu fassen. Weniger Einnahmen, weniger Geld bedeutet dann auch weniger Chancen. Zu den weniger Chancen kommt natürlich auch noch dazu, dass wenn ich jetzt zum Beispiel aus einer OwnVoice-Perspektive schreiben würde, wie skala das gesagt hat, dann werde ich höchstwahrscheinlich unschöne Wahrheiten mit einbringen, einfach weil die Welt das wissen muss. Und das senkt meine Chancen noch weiter, denn warum sollten die hauptsächlich weißen oder mehrheitlich weißen Gremien Geschichten auszeichnen wollen, in denen sie letzlich nicht supergut wegkommen. Genau.

Dann, natürlich gibt es noch toxische Umgebungen. Das sehen wir im Internet vor allem, wenn dann gegatekeept wird auf so vielen Ebenen, bezüglich Queerness, bezüglich Behinderungen, bezüglich allem möglichen, dass man überhaupt gar nicht erst in die Spaces reinkommt. Ich muss ehrlich zugeben, als ich hier im Einführungs- Begrüßungs-Ding drin war, habe ich mir gedacht: Shit! Hier sind fast nur weiße Menschen. Will ich hier wirklich sein?

Und ich hatte Bauchschmerzen, weil es einfach klar ist, dass hier etwas anderes dann erwartet wird, und dass ich mich trotzdem irgendwie verbiegen muss, zum Beispiel.

Zum klassistischen Gatekeeping kommt natürlich noch hinzu: Es gibt Sprachbarrieren. Also, dass verständliche Sprache auf Portalen fehlt. Es werden zum Beispiel Menschen nicht mitgedacht, die zum Beispiel erst die Sprache lernen. Die hier hergezogen sind und die Sprache erst lernen müssen. Oder die halt keinen elitären, akademischen Hintergrund haben und dann halt nicht mit solchen7 Wörtern klarkommen, am besten lateinisch, am besten superdupermega-kompliziert geschrieben, und richtig hart umschrieben, anstatt einfach zu sagen, das und das und das ist so und so und so. Genau, und dieser Zugang zu den Portalen sorgt dann auch dafür, dass man eben keinen Zugang hat zu, sagen wir, Ausschreibungen, zu Förderungen zu Preisen, und so weiter und so fort.

Dann, was ja auch zum Beispiel im Internet angekreidet wurde, war, wenn du gut schreiben willst, dann musst du ein Lektorat haben, ein Sensitivity Reading haben, ein Korrektorat haben – ja Sensitivity Readings sind sehr wichtig –, ein Korrektorat haben, du brauchst ein gutes Cover, du brauchst dies, du brauchst jenes, du brauchst dies und das und das. Gehen wir nochmal zurück zum Anfang. Ich arbeite, seit ich 16 Jahre alt bin, und ich kriege nur Jobs, die sehr, sehr schlecht bezahlt sind, also bisher zumindest. Jetzt gerade bin ich sehr zufrieden. Aber bisher habe ich nur Jobs bekommen, die gerade so Mindestlohn bezahlt haben, und als es noch einen sehr niedrigen Mindestlohn gab, habe ich auch diesen sehr viel niedrigeren Mindestlohn bekommen. Das heißt, irgendwas ansparen: Unmöglich. Mir dann irgendwie ein Lektorat zu leisten, das 1200-1500 Euro kostet, für einen Roman zum Beispiel: Unmöglich. Korrektorat leisten, – ich habe auch Legasthenie –, das heißt, es muss sein, für 500, 600, 700, 800 Euro kann ich mir auch nicht leisten. Ein Cover leisten zwischendurch einfach mal für 400-500 Euro, kann ich mir auch nicht leisten. Das heißt, ich darf eigentlich gar nicht vom Schreiben leben können, weil ich kann es mir nichtmal leisten, mir diese ganzen Sachen zu kaufen. Oder ich verschulde mich halt bis ins Sonstirgendwohin, weil ich mir definitiv sicher bin, dass, selbst wenn ich mir diese Sachen leiste, dass die Leute mein Buch vielleicht doch nicht lesen wollen, weil eine nicht-weiße Person8 es geschrieben hat, die höchstewahrscheinlich ein bisschen ranten wird in ihrer Geschichte, und Sozialkritik mit einbringen wird.

Das heißt, die Karten stehen eigentlich gegen mich, in dem Sinne, weil ich diese ganzen Sachen gar nicht erfüllen kann, die “verlangt” werden, die “der Standard” sind.

Folie Allgemein 1

Allgemein GateKeeping sorgt halt dafür, dass bestimmte Räume nicht betreten werden oder verlassen werden. Ich habe gerade von meiner Erfahrung gesprochen mit der Einführung, als ich gesehen habe, hier sind alle mehrheitlich weiß. Meine erste Reaktion war, ich wollte eigentlich gehen. Ich dachte mir so, willst du das wirklich machen? Willst du dich wirklich da in diese Höhle9 werfen und hoffen, dass die Leute nicht zu beleidigt sind von dem, was du sagst? – und wollte gehen. Und das sorgt halt auch dafür, wenn es zum Beispiel auch wieder mit so Räume sind, die sich feministisch nennen, aber relativ offensichtlich binär und feindlich sind, da geht man dann halt einfach nicht rein.

Was ich auch mitbekommen habe, viel auf Instragram und Twitter und Internet allgemein, Facebookgruppen, dass Diskussionen bezüglich Diversity, Rassismus, anderem -ismus, Feindlichkeiten, Ausgrenzung, Diskriminierung, Mobbing und so weiter und so fort…, diese Diskussionen werden über Betroffene geführt, – also es wird über Betroffene gesprochen und nicht mit ihnen. Das heißt dann immer, ein weißer schreibender Mensch fragt dann “Darf ich in meinem History-Roman noch das N-Wort verwenden?”. Und dann kommen ganz, ganz viele andere weiße Menschen und sagen “Natürlich10 darfst du das, das ist doch Historical Correctness.”

Und ich denke mir nur so: “Really? Really?” Und dann fragt man sich, warum Betroffene sich nicht in diesen Space begeben und nicht sagen “Nein! Nein, bitte verwende Slurs nicht mehr. Bitte beleidige uns nicht mehr. Bitte traumatisiere uns nicht noch weiter, mit deinem Buch!” Ja, da würde ich halt auch nicht mitdiskutieren wollen, weil ich weiß, dass ich dann 10, 20, 30 weiße Menschen habe, die sich auf mich einschießen und sagen: Spaßbremse. Und: “Man darf nichts mehr sagen.” und “Zensur” und bla und blubb und wie auch immer. Und deswegen, hmpf.

Dann natürlich noch, wenn ich Übersetzungen lese, – das ist momentan mein Lieblingsthema –, Übersetzungen von Büchern, die von Schwarzen Autor*innen geschrieben wurden, wo dann Selbstbezeichnungen einfach ignoriert werden. “Schwarz” wird zum Beispiel konsequent klein geschrieben. Oder die Person wird nicht einmal Schwarz genannt, sondern es wird ein rassistischer Begriff dafür verwendet. Wo ich dann denke, in welcher Welt sind wir, in welchem Jahr sind wir. Oder wenn bei den Menschen, die Neopronomina verwenden, die einfach nicht respektiert werden und sie trotzdem irgendwie binär gegendert werden. Das ist halt auch wieder so eine Form von Gewalt und GateKeeping. So: “Du existierst für mich nicht.”, “Dich gibt’s nicht.”, “Deine Realität gibt’s nicht.”

Ich habe auch Outcalls angesprochen, dass eben Betroffene lieber einen Outcall machen in ihrem eigenen Feld, in ihrem eigenen Bereich, in ihrer eigenen Bubble, weil sie dann sicherer sind, einfach auch weil Outcalls für Betroffene viel, viel mehr Auswirkungen haben, als für die, die letzlich mit der Aggressivität gestartet haben. Denn die Aggressor*innen haben dann ihre Unterstützer*innen, die dann der Meinung sind, “Diktatur!”, “Identitätspolitik!”, “Man darf nichts mehr sagen!”. Und dann fangen sie halt an, einen systematisch fertig zu machen, einen systematisch zu blockieren, zu sperren, zu melden und so weiter und so fort. Und du hast auch gar nicht die Möglichkeit, auf dieses Problem aufmerksam zu machen, weil du halt vorher nervlich komplett fertig bist, und einfach heulend am Boden liegst, weil du einfach nicht mehr kannst. Weil das mehrmals täglich, mehrmals die Woche passiert. Weil du eigentlich mehrmals die Woche, mehrmals täglich darauf aufmerksam machen müsstest, dass etwas rassistisch und scheiße oder verletzend oder feindlich, diskriminierend und einfach scheiße war.

Und das hatte skala noch angesprochen: Die Spaltungen in diesen Räumen. Also, wenn jetzt ein Raum geöffnet wird, dann findet eben auch da eine Spaltung statt. Aber im Verborgenen. Weil du hast trotzdem die Leute, die widersprochen haben. Du hast trotzdem die Leute, die sagen “Nö, die wollen wir nicht in unserem Space drin haben.” Die sind immer noch Teil der Gruppe, wie skala schon gesagt hat. Und die werden sich dann innerhalb der Gruppe abspalten, und dann gehen die Feindlichkeiten im Verborgenen weiter. Das heißt, du bist zwar in diesem Raum und du darfst auch in diesem Raum sein, aber du kannst dir nie sicher sein, ob die Person, mit der du gerade in Kontakt trittst, nicht auch hinter deinem Rücken über dich lästert, weil sie eigentlich der Meinung ist, dass du eigentlich keine Daseins- und Existenzberechtigung hast. Genau.

skalabyrinth

Folie Allgemein 2

Der zweite Teil zu “Allgemein” bezieht sich auch auf Dinge, die schonmal ein bisschen angesprochen worden sind. Es gibt grundsätzlich so eine Abwehrhaltung und Erklärungen. Also Leute fühlen sich von dieser Aussage “Du bist irgendwas -istisch”, zum Beispiel “Du bist ableistisch oder rassistisch oder nicht-binär-feindlich”, beleidigt. Es führt dazu, dass diese Bezeichnung von, was passiert ist, als beleidigend aufgefasst wird, als persönliche Wertung der Person, und die Person fängt an sich zu erklären mit “Das war nicht so gemeint.”, “Das hast du hineininterpretiert.”. Und dann fallen auch regelmäßig Sprüche, wie “Niemand muss sich hier ausgeschlossen fühlen.”, wobei auf das eigentliche Problem nicht eingegangen wird und auch keine Entschuldigung stattfindet, oder sowas. Oder halt die Person sich mit dem eigentlichen Problem nicht auseinandersetzt, sondern die Verantwortung dafür, dass ausgeschlossen worden ist auf die ausgeschlossene Person schiebt. “Das war nicht so gemeint” habe ich schon genannt.

Dann passiert halt ein Framing: Ich habe häufiger erlebt, wenn ich halt Feindlichkeiten angesprochen haben, eben vor allen Dingen zum Beispiel Nicht-binär-Feindlichkeit oder auch ganz wichtig Feindlichkeiten gegenüber trans maskulienen Menschen oder trans Männern, dass dann… So zum Beispiel hatte eine cis Person einen Artikel geschrieben über ein Thema im Zusammenhang mit Transfeindlichkeit und sich dann hingestellt und gesagt “Ich kann das ja als unemotionale, objektive, außenstehende Person erklären.” Das Problem ist: Niemand steht außen. Wir sind alle sozialisiert, und vor allem marginalisierte Menschen kennen die Perspektive besser, weil sie sowohl so sozialisiert sind, als auch die andere Seite sehen können, weil sie die Feindlichkeiten abbekommen. Wogegen halt keine Person in dieser Gesellschaft großwerden kann, ohne zum Beispiel binär sozialisiert zu werden. Infolge dessen passiert es dann, dass auf so einen Artikel vielleicht drei bis vier trans oder nicht-binäre Menschen reagieren und erklären, was daran problematisch war, meistens in einem sachlichen Tonfall, manchmal vielleicht auch ein bisschen emotional, meistens passiert überhaupt nichts Beleidigendes, aber was darauf passiert, ist, dass irgendwie in großen Twitter-Accounts mitten in die Timeline gepostet wird: “Ich mische mich nie wieder in so ein Thema ein. Ich werde in einen Löwenkäfig geschmissen.” – Ja, “Löwenkäfig” ist gefallen. Oder auch “der böse Transmob”. Und es wäre irgendwie schön, wenn wir diese Macht hätten, ein böser Transmob sein zu können. Die Macht haben wir nicht. Sonst sähe die Gesellschaft ganz anders aus.

Das Framing fällt halt auch zusammen mit Tone Policing. Also Leute sagen regelmäßig sowas wie eben “Leute sind beleidigend” oder “Man soll beide Seiten sehen”. Diskussionen würden immer so explodieren und in die Höhe gehen. Das Problem ist, wenn sie explodieren, ist es das was sichtbar wird. Wenn sie nicht explodieren, heißt das, dass die marginalisierte Minderheit einfach gesilencet wird. Also einfach still ist und nichts sagen kann. Der Eindruck, dass es explodiert, ist eigentlich fast der positive Fall. Natürlich gibt es dann auch noch irgendwie mal Fälle, wo es wirklich schön läuft, wo Kritik angenommen und umgesetzt wird.

Dann wird, wie ich gesagt habe, die Schuld häufig auf die Leute geschoben, die diskriminiert werden, indem Formulierungen gewählt werden, wie “sich diskriminiert fühlen”.

Und naja, wenn irgendwie endlich durchgedrungen ist, dass ein Problem vorliegt oder sowas, dann wird halt häufig gesagt, sowas wie “Gründe dir doch dein eigenes Ding.” Und das Problem bei “Gründe dir doch dein eigenes Ding.” ist, ja, zum einen gründen wir unser eigenes Ding. Safe Spaces für marginalisierte Minderheiten sind wichtig. Aber die sind vor allen Dingen wichtig dafür, dass wir miteinander die Kraft finden können, gegen das GateKeeping in der größeren Gesellschaft anzugehen. Wir wollen Teil davon sein. Wir wollen dazugehören. Und das ist im Wesentlichen die Definition von Gatekeeping, zu sagen: “Nee, macht euer eigenes Ding. Wir können uns quasi nicht um jedes Problem kümmern” – dabei geht es eigentlich eher um internalisierte Probleme, die die Leute selber haben. Also um -ismen in Bubbles und nicht, ja genau – ich glaube, ich bin gerade ein bisschen verheddert.

Wenn wir die Folien veröffentlichen: Die Lesemepfehlung ist ein Link von Aşkın-Hayat Doğan. “Umgangstipps mit Kritik für Online-Fantast*innen”. Das ist ein Artikel, der geht um Kritik. Wenn zum Beispiel Gatekeeping angesprochen wird, ist dieser Artikel sehr gut, um zu lernen, wie man mit dieser Kritik umgehen kann.

Folie “Was muss passieren?”

Und damit sind wir mit dem Teil durch und kommen zu dem Teil “Was muss passieren?” Und das ist eine Frage an euch, die gerne im Chat und auch mündlich besprochen werden kann. Resa ist so nett, und schreibt dazu Notizen auf in die Shared Notes. Die Shared Notes oder Geteilten Notitzen – das ist je nach Spracheinstellung des Browsers verschieden – sind oberhalb der Teilnehmenden-Liste. Dort kann es angeklickt werden. Dadrüber steht auch der Chat, das heißt, man kann leider nicht beides sehen. Man kann entweder in die Shared Notes schauen, oder im Public Chat dabeisein.


Der interaktive Q&A-Teil

Jade

Ich würde den interaktiven Teil übernehmen, weil ich noch Löffel übrig habe, sozusagen. Und genau: Resa übernimmt für uns die geteilten Notitzen. Ihr könnt im Chat uns fragen stellen, oder etwas sagen zu unserer Präsentation, wenn irgendwas nicht ganz klar geworden ist, oder wenn ihr Fragen zu irgendeinem der Oberpunkte habt, stellt sie. Wir versuchen auf alles einzugehen, solange wir die Zeit noch haben.

Danke, Roxane. Letzlich ist es fast schon ein Muss/Müssen, weil wenn man sich das nicht antut, dann wird sich halt an der Lebenssituation nichts ändern.

Ja, du darfst dich auch im Voice Chat melden, deswegen haben wir am Anfang gesagt, dass ihr mit Mikro reindürft. Allerdings würden wir bitten, dass nicht alle gleichzeitig anfangen zu sprechen. Sondern, dass wir dann irgendwie das der Reihe nach machen. Also, Nora, wenn du anfangen möchtest, gerne.

Nora Bendzko

Ja! Also ich wollte erst einmal vielen Dank sagen für den Vortrag. Also, nicht nur wegen dem Inhalt, sondern weil er offensichtlich auch viel emotionale Arbeit für euch war, und – wie du halt sagst – geht man dann vielleicht noch eben mit Angst in diesen sehr weißen, sehr cisgender Raum, und dafür wollte ich nochmal extra “Danke!” sagen, auf jeden Fall. Ich wollte euch eigentlich auch eine Frage stellen. Wenn ska es nicht mehr beantworten kann, völlig in Ordnung. Aber vielleicht hast du ein bisschen Input dazu, weil ich auch über dieses Thema sehr viel nachgedacht habe, über Gatekeeping und wie subtil es passiert in der Szene, und im Gegensatz dazu frage ich mich natürlich, wie wir das ändern können. Und was ich auch gleichzeitig sehe, ist, dass jetzt vereinzelt schon auch jetzt angefangen wird, OwnVoices zu veröffentlichen, ich aber das Gefühl habe, dass auf denen ein enormer Druck lastet, von allen Seiten. Das kann ich auch total verstehen. Also, weil natürlich auch superviel Ansprüche und Hoffnungen an sie gehängt werden. Aber oft müssen sie dann gerade noch in der Präsentation, habe ich das Gefühl, einen Anspruch erfüllen, den viele Kolleg*innen in der Szene11 ihrer Ignoranz ohnehin nicht erfüllen, aber die müssen das dann umso mehr. Und die Frage, die ich mir dann stelle, ist ein bisschen: Wie schaffen wir uns natürlich da gegenseitig in die Verantwortung zu nehmen? Weil, das müssen wir trotzdem machen, wenn schlechte Repräsentation geschieht. Aber ohne dass halt diese ersten Marginalisierten diese ersten Schritte machen, auch runtergerissen werden und ihre eigene Marginalisierung unsichtbar gemacht wird, weil, es ist glaube ich auch ein Teil des Systems und dieses systematische Unsichtbarmachen. Dazu gehört natürlich auch, dass wir gegeneinander ausgespielt werden und das wir unserer Ressourcen an den falschen Stellen verbrauchen. Wie schaffen wir das, diese Ressourcen richtig einzusetzen, aber ohne uns in dem System zu verbiegen, ohne jetzt auch irgendwie Leuten aus unseren Communitys auch alles durchgehen zu lassen, – das ist natürlich auch nicht richtig. Mich beschäftigt halt wie wir da dieses Balancing schaffen. Können wir es vielleicht auch überhaupt schaffen, oder müssen wir uns vielleicht eher an den Gedanken gewöhnen, dass wir uns eigene Strukturen aufbauen und gar nicht versuchen die alten Strukturen zu verändern.

Ich frage mich, was du da denkst.

Jade

Also, prinzipiell eine sehr wichtige Frage. Ich wollte nur sagen, ich habe gesehen, dass du auch was fragen möchtest, ich habe dich auf dem Schirm.

Nora: Ja, also, ich bin prinzipiell eine Freundin von “Brenne das System nieder!”, denn das System ist rassistisch und Rassismus ist im System mit einbegriffen, egal, wo du hinschaust. In der Politik, in der Medienbranche, überall einfach.

Und da bin ich mehr der Meinung, so “Mach dein eigenes Ding!”, wie skala schon gesagt hat, sodass man sich gegenseitig eben empowern kann, indem man sich gegenseitig unterstützen kann. Und es ist auf jeden Fall wichtig, dass Leute, die OwnVoice produzieren und es veröffentlichen, dass die halt den Rückhalt haben aus ihrer eigenen Community, dass sie eben nicht direkt, keine Ahnung, verurteilt werden, wenn sie nicht 100%-ig perfekte Repräsentation drin haben. Und am besten alle Baustellen, die es momentan in der Fantastik oder generell in der Buchbubble, wenn die nicht ansprechen konnten, weil es einfach uuunglaublich schwierig ist, alles im Blick zu behalten und alles perfekt zu machen. Und wenn dann halt irgendwo ein Teil mal ein bisschen gelitten hat, dass man die Person nicht sofort versucht irgendwie outzucallen und sagt, “Ja, aber die ist betroffen und macht es auch nicht richtig.”, sondern dass man dann einfach sagt “Alta, die Person hatte sauviel Druck, die Person hat so hohe Erwartungen von so vielen verschiedenen Communitys bekommen, die endlich so eine Art Rettung12 erhofft haben, und eine super-perfekte Repräsentation.” Und das funktioniert halt auch einfach nicht immer. Es kann immer passieren. Ich mein’ wir sind alle rassistisch, sexistisch und mysogyn13 erzogen worden. Wir sind in dieser Gesellschaft groß geworden. Natürlich kann es sein, dass dann einfach irgendwas zwischen den Zeilen durchrutscht. Und es sollte dann kein Weltuntergang sein, sondern ein “Okay, die Person hat es wenigstens versucht, und sie hat es geschafft, soweit zu kommen und etwas zu veröffentlichen und auf Lebensrealitäten aufmerksam zu machen, die bisher einfach immer ignoriert wurden.” Falls das deine Frage in irgendeiner Form beantwortet, Nora.

Nora

Ja, tut es auf jeden Fall. Vielleicht eine kleine Ergänzung. Was ich dann auch noch wichtig fand, ist dann vielleicht noch eben einzuwerfen, dass eben diese ersten Leute, glaube ich, die jetzt auch veröffentlicht werden, oft gar nicht das Personal haben, das ihnen auch wirklich helfen kann, bei diesen Themen. Also, das war zum Beispiel auch definitiv ein Problem bei mir. Bei knaur, bei meiner Anstellung und Veröffentlichung von “Die Götter müssen sterben”14, also ohne dass ich diesen Verlag trashen würde, weil ich habe natürlich schon Leute gehabt, die absolut hinter dem Buch standen, die Bock hatten, die Expertiese haben, aber wenn es jetzt wirklich dezidiert um Diversität ging und alle möglichen Formen von Repräsentation in dem Buch, hatte ich niemanden, der mir professionell Input geben konnte. Und, das wäre natürlich auch schön. Wir sind halt leider noch nicht da. Die Szene ist nicht so divers, dass auch die Verlagstrukturen so gebaut sind, dass sie auch das entsprechende Personal bei den Büchern bekommen. Das fände ich wichtig, mitzubedenken, dass wir eben vielleicht nicht, wenn wir es vielleicht schaffen, wenn wir Kritik üben, dass wir sie vor allem auch systemisch üben, und halt nicht die Marginalisierten, die es dann schaffen, dann verurteilen, auch wenn sie vielleicht sogar Bücher schreiben, die nicht gut sind, weil ja auch wirklich dieses Systemische auch noch dahinter steht. Und ja genau.

Also, ich hoffe, dass wir einfach dieses Balancing hinkriegen, zwischen “Wir machen es wirklich gemeinsam, also eine Community-Anstrengung” und schaffen es auch, uns zu kritisieren, aber halt nicht unsere Ressourcen darin zu verbrauchen, dass wir halt den Leuten Monition geben, die eh nicht wollen, dass wir erfolgreich sind mit diesen Büchern. Die dann eh sagen: “Oh, schaut euch an, die hat es auch nicht geschafft, ein gutes Buch zu schreiben”. Und die fressen sich ja eh nur gegenseitig auf, und so weiter. Weil, das möchten wir alle nicht. Und ich hoffe, dass wir das hinkriegen.

Und damit bin ich raus.

Jade

Genau.

skala, du hast noch gemeint, du möchtest eine Frage beantworten, die von Roxane zum Beispiel.

skalabyrinth

Ich meinte eigentlich die von Nora. Die von Roxane kann ich auch beantworten. Aber, die von Nora, ganz am Anfang war, glaube ich: “Was machen wir mit Öffnung von Spaces, also zum Beispiel bezüglich Geschlecht?” War das Frage?

Nora

Nicht wirklich, aber du kannst natürlich trotzdem deine Antwort dazu geben.

skalabyrinth

Dann hatte ich das missverstanden und lasse lieber das Feld für andere Leute, weil ja.

Jade

Dann beantworte doch die Plaintext-Frage.

skalabyrinth

Mir würde Plaintext helfen. Aber generell fände ich es sinnvoll, wenn dabei eben nicht beistünde: Formate nur in soundso. Sondern eher: Formate bitte bevorzugt soundso. Oder auch: Das würde uns helfen. Aber wenn es nicht möglich ist, redet mit uns.

Dass halt da eine Offenheit besteht, für Leute, die eben mit bestimmten Formaten Schwierigkeiten haben, in generell.

Jade

Genau.

Dann, ich weiß nicht mehr, ich habe gesehen, Murphy wollte was fragen, Aşkın wollte was fragen. Du darfst loslegen.

Aşkın-Hayat Doğan

Ich wollte ein paar, ein zwei Sachen sagen, erstmal vielen, vielen Dank. Ich bin echt sehr gerührt. Ich weiß, wieviel Energie das kostet. Danke, dass ihr das beide gemacht habt.

Diese Safer Spaces. Also ich für mich habe dann mittlerweile rausbekommen, Menschen um mich herum zu sammeln, die gleichgesinnt sind, um sich dann halt gegenseitig zu empowern. Gleichgesinnt halt in ihrer Marginalisierung, halt nicht mehr die Grenzkategorie, sondern halt, in ihrer Marginalisierung. Das hilft ungemein. Wo man halt seinen Rückzug hat, und sich dann da irgendwie aufgehoben fühlen kann.

Jetzt, praktisch gesehen habe ich gemerkt: Ich setze mittlerweile Sachen in Verträge fest. Das hatte ich vorher nicht. Zum Beispiel mein Name wird dann halt auf die türkische Schreibweise geschrieben, damit es nicht nach sieben Jahren immer noch falsch geschrieben wird.

Oder ich gehe davon aus, dass keine Diskriminierungen, keine rassistischen, sexistischen Aussagen in Foren oder während des Buchverlaufs getätigt werden. Wenn sie werden, werden sie dann halt mit Antidiskriminierungsmaßnahmen dann angegangen. Sowas setze ich dann fest.

Und ich stelle mittlerweile direkt diese Fragen. Das habe ich früher nicht gemacht. Genau aus den selben Gründen, die ihr gesagt hat – und da wird dann halt akut das dann halt angestoßen. Nicht “Ach, wir sind total antirassistisch, wir sind lieb, wir sind für Diversität, yay!” Und wann ist das letzte Mal Rassismus vorgekommen? Was macht ihr, wenn zum Beispiel so und so was passiert? Was ist, wenn mein Lektor dann solche Sachen benutzt. Wie oft seid ihr dem N-Wort begegnet. Ich stelle am Anfang direkt diese Fragen und zurück, was wenn Menschen verlangen, habe ich denn da jetzt zu tun15. Und am Ende bleibt dann nur 0.01% übrig.

Das ist dann halt eine Strategie, die ich dann auch für mein Wohlergeben mir ausgesucht habe. Ansonsten bin ich ganz deiner Meinung “We have to break the wheel”. Machen wir unsere eigenen Sachen. Wenn sich das dann halt zusammenschweißt in den kommenden Jahren, bitteschön.

Danke!

Jade

Das ist eine wundervolle Strategie und ich glaube, ich werde mir diese Strategie klauen. Weil, diese psychische Belastung, die brauche ich jetzt auch nicht unbedingt. Traurig ist dann halt einfach, dass du dann auf dem Buchmarkt und generell – muss ja nicht nur der Buchmarkt sein, Jobmarkt zum Beispiel – dass du dann halt einfach, salopp gesagt, ausgeschissen hast. Weil, wenn du die Frage stellst, wirst du entweder nicht eingestellt, weil “Hmpf, das ist ja so jemand, hmpf, dann darf ich wieder nichts sagen.” Oder weil die Person oder das Unternehmen keine Strukturen, nichts Antirassistisches, Anti-sexistisches oder sowas in ihren Strukturen drin hat. Das ist, ja. Seufzen. Ärgerlich.

Murphy, du wolltest noch was fragen. Ich hoffe, ich übersehe hier nichts.

Murphy Melone

Auch nochmal von meiner Seite: Vielen, vielen Dank für diesen unglaublich guten und wichtigen Beitrag. Natürlich finde ich es teilweise so ein bisschen schwer, auch zu sagen, was muss passieren, vor allem, weil ich oft auch das Gefühl habe, irgendwie gar nicht mitreden zu dürfen, wenn es beispielsweise “nur” – in großen Anführungsstrichen – um beispielsweise Mental Health Probleme geht, und wie sich das auch auf das Schreiben und Veröffentlichen etc auswirkt.

Aber eine Sache, die mich mal interessieren würde, was du/ihr dazu zu sagen habt, habe ich nämlich in Großbritanien, dass es speziell Agenturen gibt, also Literaturagenturen gibt, die sich dafür einsetzen, Bücher zu vertreten von Menschen, von marginalisierten Gruppen. Und die bewusst versuchen diese Menschen zu repräsentieren. Ich habe das Gefühl, dass ich das in Deutschland noch nicht gesehen habe, oder wenn, habe ich es übersehen, dass es wirklich Agenturen gibt. Nicht nur Verlage, die oft auch Nischenverlage sind. Sondern wirklich Agenturen, die sich für diese Menschen einsetzen. Und ich würde mich einfach fragen, ob ihr das für eine gute Idee haltet, und ob Deutschland sowas braucht.

Jade

Prinzipiell ist es eine gute Idee, allerdings hatten skala und ich auch mal darüber diskutiert, in einem anderen Rahmen und Umfeld, dass das Problem bei sowas ist: Du bist nicht out, aber du möchtest deine Literatur veröffentlichen, und dann wirst du sozusagen gezwungen, dich zu outen, weil dich sonst dieser Verlag oder diese Agetur nicht annehmen würde, zum Beispiel. Und ich finde, es sollte niemand von außerhalb entscheiden dürfen, wann oder wie du dich outest, nur damit du überhaupt die Möglichkeit bekommst, eine Bühne zu kriegen. Deswegen: Prinzipiell wäre es schon geil, wenn man Verlage und so weiter hat, die dann deine Literatur unterstützen, aber das Problem ist halt einfach, dass die Leute, die darauf angewiesen sind, nicht öffentlich out zu sein, einfach für ihre Sicherheit, dass die dann auch wieder ausgeschlossen werden. Und wie löst du das Problem?

Murphy

Fair enough.

Jade

So, haben wir noch irgendwelche Fragen oder irgendwelche Vorschläge, was sich ändern sollte. Vielleicht irgendwelche Reflektionen von euch.

Doch, kannst du prinzipiell, Nora. Take the stage.

skalabyrinth

Dafür ist die Bühne ja auch da.

Nora

Okay. Ich glaube, mein großer Wunsch – und ich weiß noch nicht, wie wir dahin kommen –, dass sich wirklich auch Strukturen so ändern, dass es mehr diverse Menschen auch in den Verlagen gibt. Also, im SelfPublishing wäre das dann vielleicht relevant, diverse Komitees16 zu haben, also SelfPublishing-Verbände und auch Preise und so weiter. Damit wir uns einfach gegenseitig finden. Also, was mir als großes Problem inzwischen erschien, jahrelang, war auch wirklich diese Unfähigkeit mich einfach mit People of Color vernetzen zu können, obwohl sie auch existieren. Ich weiß auch inzwischen wo sie existieren. Aber wir sind – also wenn ich mich jetzt darauf konzentriere, wir können das dann auch auf andere Marginalisierungen mit anwenden –, es gibt soo viele Autor*innen in der Szene verteilt, die mixed sind oder auch of Color, aber diesen Aspekt einfach von sich nie sichtbar zeigen. Einigen siehst du es dann halt, auch an in Fotos, anderen nicht. Aber viele von uns lassen sich dann auch dann einnehmen davon, dass man weiße Fantasy schreibt und so weiter, weil es natürlich uns unterbewusst, nicht offiziell, aber unterbewusst natürlich auch immer gesagt wird, “das ist halt die Norm” und so weiter. Und ich glaube, wenn wir einfach mehr zusammen wären und mehr zusammenarbeiten könnten, dann wäre schon so viel möglich. Aber ich weiß noch nicht genau, wie das geht. Ob wir dann Initiativen brauchen, die dann eben fraglos auch wirklich Diversität, und den Schutz von Marginalisieren in die Grundsätze zum Beispiel aufnehmen. Ob diejenigen, die es dann in die Großverlage schaffen, schaffen17, es dann teilweise in Verträgen zu verlangen. Also, das ist etwas, was ich zum Beispiel versuche. Ich versuche jetzt mit meiner Agentur für meine nächsten Bücher, gerade wenn jetzt auch Verlage sagen, sie wollen mich einkaufen für diverse Fantasy, versuche ich auch in Verträgen festzusetzen, dass ich sowas wie Sensitivity Readings aus Communities bekomme. Und dass der Verlag das bezahlt. Aber ich frage mich dann immer, welche Anstrengungen können wir dann unternehmen, um wirklich auch die Leute aus den Communitys mehr einzubeziehen, wirklich auch arbeitstechnisch, also nicht nur, dass wir dann, keine Ahnung, Panels umsonst halten, wie hier oder so etwas, sondern ich glaube, es muss sich auch wirklich ändern, dass wir wirklich auch wahrgenommen werden als der Teil der Kollegschaft und Leserschaft, die wir auch sind. Vielleicht ist es letztendlich auch etwas, womit wir es leider normalisieren können, ist der kapitalistische Aspekt. Es ist traurig, es sollte nicht so sein. Aber ich versuche zumindest dann auch, gerade weißen Kolleg*innen oder auch anderweitig privilegierten Kolleg*innen, dass wir nicht nur trendy Themen sind, sondern auch Teil von einem Publikum, das lange einfach gezielt übersehen wird, und das es teilweise nun auch schon in den USA bedient wird. Und dann kommen dann die Titel hier übersetzt rüber. Aber was wir eigentlich bräuchten, sind ja wirklich auch die OwnVoice-Titel hier. Und ich hoffe, wir schaffen es dann in den nächsten Jahren, uns gemeinsam so zu vernetzen, dass wir dann eben genau das schaffen können, die OwnVoice-Titel hier rausbringen und dann halt eben nicht nur dann auf den Schultern der einzelnen Autor*innen, sondern hoffentlich dann auch mit passendem Personal in den Verlagen. Das wäre schön.

Jade

Also, ich meine, ich bin ja jetzt in den Endzügen meines Studiums und ich versuche ja durchaus in die Verlagswelt zu kommen. Aber das Problem ist ja auch, du kommst da gar nicht rein, wenn du marginalisiert bist, einfach weil zum Beispiel Arbeitserfahrung verlangt wird, oder Voluntariate verlangt werden, wo du halt letztlich Vollzeit arbeitest und aber Teilzeit Lohn maximal kriegst, zum Beispiel. Oder wo es dann heißt, du musst die und die Arbeitserfahrung, was weiß ich was, haben, und ich denk mir so: Alta! Bis vor fünf Monaten hatte ich nicht einmal die Möglichkeit, dass mich irgendwie ein Verlag mit dem Arsch angeschaut hätte, weil ich alles selbstständig mir erarbeiten musste. Ich hatte nur überhaupt irgendwie eine Grundlage, um irgendwie zu versuchen, in einen Verlag reinzukommen, weil eine sehr, sehr liebe, nette Person, Nora, tor-online auf mich aufmerksam gemacht hat und ich da zwei Artikel schreiben durfte. Und das war dann meine Eintrittskarte, um überhaupt erstmal zu sagen, ja, ich mache was Literarisches. Und ja, ich schreibe selbstständig. Das war dann irgendwie der Punkt, zwischen “Man muss es selbst machen, denn du kommst nicht einfach rein. Du kannst dich nicht reinbewerben.” Und ich mache ja mein Studium gerade zu Ende. Dann heißt es dann immer, ja, wir wollen jemanden mit Arbeitserfahrung und was weiß ich. Wo ich mir denke, Leute, ihr braucht vor allen Dingen18 jemanden, der antirassistisch geschult ist und der da einen Blick drauf hat auf den Scheiß, den ihr macht, weil überall, wo ich mich bisher beworben habe, habe ich auf die ein oder andere Art und Weise einen Rassismus-Skandal mitbekommen, wo ich mir denke: Leute, euch sollte egal sein, ob ich 10 Jahre Arbeitserfahrung habe. Euch sollte wichtig sein, dass ich euren Arsch retten kann. Und dass ich dafür sorgen kann, dass die OwnVoice-Produkte einfach viel, viel bessere Qualität haben. Weil jemand da ist, der die Lebensrealität zum Beispiel kennt und dann halt einfach mitreden kann und verhindern kann, dass dann Sachen wie, keine Ahnung, dass N-Wort, das M-Wort oder andere Slurs verwenden um Schwarz zu übersetzen19. Es ist einfach, hm…

Aber ich sehe, es ist jetzt 12. Und jetzt ist theoretisch Mittagspause. Ich kann noch ein bisschen ranten, wenn’s euch interessiert. Ansonsten würde ich sagen: Vielen, vielen Dank für eure Aufmerksamkeit, dass ihr da wart, dass ihr mitgeredet habt, dass ihr mitdiskutiert habt. Auf jeden Fall, Mahlzeit, falls ihr euch jetzt was zum Mittag macht und vielen, vielen Dank, dass ihr da wart. Wir exportieren die Notitzen und werden dann auch schauen, dass wir vielleicht Blogbeiträge oder dann den Vortrag teilen, dass jede*r darauf Zugriff hat und sich das nochmal nachträglich anschauen kann.

Dann würde ich die Aufzeichnung jetzt erstmal beenden.


  1. Umgeschrieben damit es entgendert wird↩︎

  2. Anmerkung: wollte ich da “ausgeschrieben” gesagt haben?↩︎

  3. Die Gänsefüßchen waren Teil des Vortrags.↩︎

  4. Hier war wohl “Texte” gemeint.↩︎

  5. bin mir nicht sicher wie ich mit dem Label umgehen soll↩︎

  6. auch hier Frau entfernt↩︎

  7. Jade macht mit den Händen eine betonende Geste, die Länge darstellt.↩︎

  8. Frau ersetzt↩︎

  9. Habe ich das richtig verstanden? Oder they “Hölle” gesagt?↩︎

  10. Jade macht überzogene Gestik, die ein Gefühl vermittelt wie in ”Warum fragst du das überhaupt, das ist doch offensichtlich”.↩︎

  11. Das habe ich akustisch nicht ganz richtig verstanden. Mag da eine Person nochmal reinhören und korrigieren?↩︎

  12. Nicht sicher, ob ich das Wort richtig verstanden habe.↩︎

  13. Jade macht Gesten, die veranschaulichen, dass die Aufzählung weitergehen könnte.↩︎

  14. Das ist Nora Bendzkos aktuellster Roman.↩︎

  15. Hier habe ich auch nicht richtig verstanden, was gesagt wurde. Mögen Leute nachhören und korrigieren?↩︎

  16. Unsicher, ob ich das Wort richtig verstanden habe. Korrigiert mich gern!↩︎

  17. Das ist nicht ganz wörtlich transkribiert, weil ich es nicht ganz verstanden habe.↩︎

  18. Jade macht Pausen, sowie Gesten, die diese Worte sehr betonen.↩︎

  19. Jade macht Gesten, die völliges Unverständnis bedeuten.↩︎