02 - AprilKink 2023 - Verwöhnen (Emiliett 2)

Content Notes

  • BDSM.
  • Bedienen.
  • Internalisierter Ableismus.
  • Füße.

Geschichte

“Ich würde gern mit dir spazieren gehen”, sagte Emiliett. “Ich war lange nicht spazieren, denn alleine finde ich es langweilig, und mit anderen, nun, mit anderen habe ich immer ein schlechtes Gewissen, dass ich so viele Pausen brauche. Sie sind zwar immer alle sehr lieb und warten, wenn ich eine brauche, aber ich zögere sie immer hinaus, bis es nicht mehr geht, damit die anderen das wenigstens spazieren nennen können. Verstehst du?”

Freden nickte. “Dann gehen wir spazieren und machen alles in dem Tempo, das sich für dich nicht nach Kompromiss anfühlt, sondern genau deines ist”, versprach vii. “Möchtest du eine Virtualität dafür aussuchen? Oder ist dir lieber, wenn ich das mache, mit mehr oder weniger vielen Bedingungen, die du mir nennst?”

“Oh.” Emiliett wirkte schon wieder ein wenig fassungslos. “Ich… Weißt du, ich kann mich nicht erinnern, nicht die Person zu sein, die die Virtualität gestaltet oder wählt.” Sie holte tief Luft. “Als meine Atemprobleme anfingen, war es, weil sie wollten, dass ich sie für mich barrierearm genug mache.”

“Aber das hast du nicht”, erwiderte Freden milde lächelnd.

“Doch, ein wenig. Schon.” Emiliett seufzte. “Aber ich wollte auch nicht die ganze Virtualität mit Bänken zustellen. Was sollen die anderen dann denken? Ich brauche ja auch nicht so oft eine Bank, wie ich das Bedürfnis hätte, sie aufzustellen, aber ich weiß eben doch nicht vorher, wann ich dann eine brauche.”

“Hältst du was davon, eine Bank in die Virtualität zu erschaffen, wenn du eine brauchst?”, fragte Freden. “Virtualitäten sind ja nun nicht in Stein gemeißelt.” Vii versuchte sich nicht davon ablenken zu lassen, sich eine Virtualität vorzustellen, die tatsächlich in Stein gemeißelt wäre.

Emiliett schüttelte den Kopf. “Wenn ich keine Sitzgelegenheit sehe, dann vergesse ich, dass ich eine brauche, und halte dann unbewusst durch, bis die Erschöpfung nicht mehr unbewusst bleiben kann.” Sie runzelte die Stirn. “Aber wenn du mich regelmäßig fragen würdest, ginge das vielleicht.”

“Das mache ich sehr gern”, versicherte Freden mit einem freundlichen Lächeln. “Ich wage trotzdem noch einen Vorschlag: Was hältst du davon, an einer Mauer entlangzuspazieren, die die perfekte Höhe für dich zum Sitzen hat?”

“Oh! Oh, das wäre schön! Und ansonsten…” Sie wurde leiser, vielleicht eine Spur verlegen, als sie hinzufügte: “Ansonsten fände ich schön, wenn du dir einfach eine Virtualität aussuchst, die du gern zum Spazieren magst. Ich habe so viele selbst gestaltet, ich möchte auch mal wieder in eine Welt gehen, die einer anderen Person besonders gefällt. Und sie darüber ein bisschen kennen lernen.”

Freden nickte. Eine Spur war es viiv schon unbehaglich, dass es sich kurz nach einem längerfristigen Kennenlernen anfühlte, was vii nicht wollte, aber vielleicht war das gar nicht gemeint. Vii würde sich abgrenzen, sollte sich klarer herauskristallisieren, dass Emiliett sich nach längerfristigem Kontakt sehnte. “Möchtest du nun?”

Emiliett nickte.

Freden arbeitete kurz daran, eine vis Standardvirtualitäten fürs Spazieren durch eine unendlich lange Mauer zu erweitern. Außerdem drehte vii bei der Gelegenheit an der Einstellung der Hügeligkeit, sodass die Steigungen geringer waren. Dann lud vii Emiliett darin ein.

“Ohja, mit so etwas habe ich bei dir gerechnet”, sagte sie. “Vielleicht etwas grüner.”

Grün war es tatsächlich nicht sehr. Blassblondes Gras und braunes, dünnes Geäst erstreckten sich über den feuchten Boden bis in die Ferne. Dazwischen standen kahle Trauerbirken und Sumpfpappeln, deren Äste von einer hier vorwiegend vorherrschenden Windrichtung alle in eine Richtung wuchsen. Gerade wehte kein Wind. Der Himmel war bedeckt, aber ab und an würde die Sonne durchbrechen – so hatte Freden das Wetter eingestellt. Es war eine halbwegs typische Moorlandschaft, nur war sie nicht flach sondern hügelig. Kann man ja machen in so einer Virtualität.

Die Mauer war aus alten, verwitterten Steinen gebaut, in deren Ritzen Moos wuchs. Auch deren obere Seite war mit einladendem, trockenem, weichem Moos gepolstert, das, um Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, verschiedene Farbsegmente und verschiedene Strukturen hatte. Irgendwo in der Ferne erblickte Freden einen Abschnitt mit blassblauen Blüten. Vii versuchte, sich nicht zu freuen, dort anzukommen, darum ging es heute nicht.

Sie machten sich langsam auf den Weg. Freden war geübt darin, immer eine Nuance hinter der Begleitperson zu gehen, sodass diese sich hoffentlich niemals gehetzt fühlte. Emiliett wirkte soweit entspannt und blickte sich um. Tatsächlich wirkte sie gelöster. Freden beobachtete ihren Brustkorb, der Atem in sich einsog und genoss.

“Wenn ich es recht bedenke, wirkt es schon etwas trist”, sagte sie.

“Möchtest du, dass ich der Virtualität mehr Frühling oder Sommer verpasse, oder sie anderweitig umgestalte?”

Freden war schon halb im Kopf mit der Aufgabe beschäftigt, da schüttelte Emiliett den Kopf. “Nein, ich möchte sie genau so”, widersprach sie. “Ich bezog das auf vorhin, als ich meinte, damit hätte ich bei dir gerechnet. Das war voreilig. Ich habe mit Natur gerechnet, aber mit der Art, welcher, eigentlich wirklich nicht.”

“Ah, ich verstehe.” Freden lächelte.

Eine Weile gingen sie still nebeneinander her. Emiliett beobachtete die Landschaft, die Vögel, die manchmal aus dem Gehölz der Trauerbirken flogen, die Kröten, die sie beäugten. Als sie die ersten Anzeichen machte, weniger entspannt zu gehen, schlug Freden vor: “Möchtest du dich setzen?”

“Ich…” Emiliett blickte sich zu viiv um, dann zur Mauer, und wirkte überrascht. “Ja, gern. Ich fühle mich weniger erschöpft, als wenn ich es sonst erfrage, aber bin doch viel weiter gegangen.” Sie ließ sich auf der Mauer nieder.

Freden setzte sich neben sie. “Ich habe den Eindruck, es gibt dir etwas, was ich mache”, sagte vii. “Aber ich habe gleichzeitig den Eindruck, ich tue fast nichts.”

“Du meinst, ich kann einfach noch viel dreister Dinge einfordern, nach denen mir ist?”, versicherte sich Emiliett und plötzlich trat ein Lächeln in ihr Gesicht.

“Auf jeden Fall!”

Emiliett haderte. Das merkte Freden ihr an. Vii versuchte, ermutigend zu lächeln, einladend zu nicken, bis Emiliett sich traute, sich auf die Mauer zu legen und ihre Beine auszustrecken. In vis Richtung.

“Ich hatte echt lange keine Fußmassage mehr”, murmelte sie.

“Soll ich dir dazu nur die Schuhe ausziehen, oder auch die Socken?”

Emiliett kicherte und es klang zugleich wie ein Weinen. “Auch die Socken.” Sie schniefte. “Ich fühle mich so albern frei! Würdest du mit mir noch eine zweite Session machen? Vielleicht traue ich mich dann noch mehr. Es tut so gut!”

“Ich kann das verstehen, dass es mehr Zeit braucht, bis der innere Widerstand nachgibt, oder bis du überhaupt auf die Idee kommst, was du dir gerade wünschen könntest, weil es einfach zu falsch oder zu unverschämt wirkt, danach zu fragen”, sagte Freden. Vii legte auch schon in den Akt des Ausziehens der Füße sehr viel Zärtlichkeit, ließ es nicht einfach eine trockene Sache sein, sondern tat es behutsam und lieb.

Emiliett seufzte behaglich. “Und in einem Alltagskontext würde ich es eben nie, nie tun! Ich brauche dafür, dass es eine Session ist. Aber du möchtest keine Bindungen.”

“Richtig. Aber wenn dir das vollkommen klar ist, mache ich auch eine zweite oder dritte Session mit dir”, versprach Freden. “Ich mag das Geschenk gern annehmen, deine Entwicklung miterleben und mitgestalten zu dürfen.”