Bildbeschreibung:

Das gleiche Bild wie beim Kapitel Silberblick: Links eine Birke, rechts eine Bank, beides auf einer Klippe mit Blick aufs Meer. Wolken sind am Himmel. Schemenhaft sind weitere Bäume hinter der Birke.

Content Notes:

Folter erwähnt.


Epilog {#epilog .epilog .unnumbered}

Kendra

Ein halbes Jahr später.

An der Klippe nahe der Bank am Geisterwald. Wind weht, aber es ist warm und trocken. Ende des Sommers oder Anfang des Herbsts. Luna ist schon gegangen. Paolo, Kendra und Marcin haben es sich auf der Decke gemütlich gemacht. Sie liegen dicht aneinander gekuschelt, Marcin in der Mitte. Kendra hat sich mit Paolo abgefunden. Sie wünschte, es wäre mehr als das. Dann könnte sie vielleicht in der Mitte liegen, wo es noch wärmer ist.

Marcin trägt fingerlose Handschuhe und streichelt ihr sachte mit den überraschend warmen Fingern über den Handrücken. (Auf der anderen Seite tut er dasselbe mit Paolos Hand). Kendra genießt die Berührung. Sie döst weg, und als sie aufwacht, sind sie nicht mehr da.

Überhaupt ist alles anders. Sie öffnet die Augen und blickt sich um. Ihr stockt der Atem. Sie weiß nicht, ob sie begeistert oder entgeistert sein soll.

Sie kennt das Zimmer, in dem sie liegt, auch wenn es völlig anders eingerichtet ist als damals. Nur das Bett steht an der selben Stelle wie ihres früher. Es ist das Zimmer, in dem sie gewohnt hat, bevor sie ins Dorf am Geisterwald gezogen ist. Die Wohnung steht nicht leer. Sie ist natürlich neu vermietet worden. Vorsichtig richtet sich Kendra auf.

Eigentlich ist es, worauf sie damals im Magie-Unterricht gehofft haben. Dass sie, auf der Bank am Geisterwald sitzend, sich irgendwann in ihre alte Wohnung zurückteleportieren würde. Aber damals hat ihre Mutter noch hier gewohnt. Nun ist sie in einer fremden Wohnung. In einem fremden Bett. In dem sie immerhin alleine ist. Aus dem Nachbarzimmer dringt leises Schnarchen.

Soll sie versuchen, die Wohnung zu verlassen? Soll sie liegen bleiben und hoffen, dass sie sich wieder zur Bank teleportiert? In ihren bisherigen Teleportationseskapaden hat sie sich dabei immer halb wie in einem alben realistischen Traum gefühlt. Das Gefühl hat sie auch jetzt, aber mehr Wissen. Sie legt sich zurück auf den Rücken unter die warme Decke, falls sie nicht mehr Teleportieren kann, sobald sie von der Realität der Lage überzeugt ist.

Was für eine unangenehme Situation. Aber Kendra ist gewohnt, ein Vampir zu foltern. Sie bringt so schnell nichts aus dem Konzept. Sie atmet tief ein und aus, stellt sich vor, was sie tun muss, um wieder zurückzufahren, oder wie ihre damalige einzige Schulfreundin gucken würde, wenn sie mitten in der Nacht bei ihr mit dieser Geschichte klingeln würde, – und schläft bei den Gedanken ein.