Planung

“Du bist die Person, die mich in meinen ersten Spielstunden zur Dramaturge begleitet hat.”, stellte Mirash fest. As erkannte die Person nicht wieder, weil as ja nichts hatte sehen können, aber Zopf und Farbgebung passte. “Ich dachte, du gehörst zu Magnetismus, weil ich die Kröte für einen Teil deiner Kleidung gehalten habe.”

Flederschatten lächelte milde. “Ja, das war ich.” Dann schwieg sha erst einmal und betrachtete Mirash eingehend.

Flederschattens Nametag erschien mit den Pronomen sha, shan(e), sham, shan, sowie einer kleingedruckten Notitz in Mirashs Sichtfeld, dass sie wechselten, und in Abwesenheit keine verwendet werden sollten. Shane Kleidung war nicht so sehr verspitzt oder beglitzert wie die vieler anderer, aber sog Mirashs Blick nicht weniger auf sich: Flederschatten trug einen weichen Hoodie, an dem ein Cape befestigt war. Es erinnerte womöglich entfernt an Fledermausflügel und war vielleicht namengebend. Der Hoodie oder vielleicht doch das Cape, Mirash war sich nicht sicher, mündete im Nacken in einer gemütliche Kapuze. Die Ärmel wirkten ein bisschen zu lang und verdeckten die weichen, eng anliegenden, fingerlosen Handschuhe zum Teil. Das ganze weiche Auftreten fühlte sich für Mirash auffangend an, als dürfe as sich nun ausruhen.

Das war albern. Oder nicht?

“Was sollte das Ganze?”, fragte Flederschatten schließlich sachlich.

Mirash hatte sich Antworten zurecht gelegt, und hätte sie zu jedem Zeitpunkt bisher abrufen können, aber nun plötzlich war sain Kopf leergefegt. As senkte den Blick und holte tief Luft. “Der Zweck der Aktion war natürlich Rufmord.” As konnte ein Grinsen nicht unterdrücken.

Flederschatten grinste nicht, aber wirkte auch nicht besonders wütend oder so etwas. Eher neugierig. “Und warum?”

Was war das für eine sanfte Stimme. Sie rann weich Mirashs Rücken hinab. As bezeichnete sich selbst manchmal als Romantic Slut, und dieser Moment verriet ihm Mal wieder, warum. Um die Gefühle in den Griff zu bekommen, atmete as noch einmal tief durch. As blickte auf diese ruhige, neugierige Mundpartie. “Die Zeit-Fraktion hat mich davon überzeugt, dass du zu viel Macht hast und ein böser Charakter bist.”, erklärte Mirash und deutete auf das allgegenwärtige Chaos. Aber das Gesagte fühlte sich fremd an, eher aufgesetzt. “Hast du vor, Loot einzusammeln?”

Flederschatten blickte sich so rasch um, dass es höchstens eine Geste sein konnte. “Ich habe genug. Bedien dich, wenn du willst.”

Mirash schüttelte den Kopf. “Sollten hier nicht wertvolle Elementeile getauscht werden, die nun herumliegen sollten?”

“Glaubst du, die Personen mit den Elementeilen sind hier geblieben?”, fragte Flederschatten. “Ich weiß es natürlich nicht sicher, aber ich vermute eher, alle, die etwas zu verlieren hatten, haben die Dramaturge verlassen, bevor ich die Anwesenden zerlegt habe.”

“Wo sie dann an deiner statt von Teilen der Zeit-Fraktion zerlegt wurden?”, fragte Mirash.

“Worden wären, wären von jener noch Personen dort gewesen.”, korrigierte Flederschatten. “Gegen Holgem und Rosemahr zu kämpfen, während ich für die Dramaturge noch genug Reserven übrig behalten musste, war schon trickreich.”

Mirash runzelte die Stirn. “Du hast hier drinnen von den Bomben mitbekommen, als ich sie erwähnt habe, bist dann zuerst raus, um Holgem und die anderen zu bekämpfen, dann wieder rein, um die Bomben zu entschärfen und hast anschließend hier alles zerlegt?”

Flederschatten schüttelte den Kopf. “Ich habe Holgem schon beim Verstecken der Sprengsätze beobachtet, was ich kann, weil ich zu Zeit gehöre. Ich habe sie direkt entschärft, bis auf einen, dessen Zeitmechanismus ich manipuliert und ihn anschließend an Holgem befestigt habe. Den Rest kannst du dir ungefähr vorstellen, nehme ich an?”

“Oh.”, machte Mirash.

Flederschatten grinste das erste Mal. Es hielt nicht lange. Mirash gefiel das Gesicht ohne Lächeln durchaus nicht weniger. Sha sagte: “Wir haben nicht mehr so viel Zeit, bis die ersten wiederkehren werden. Bis dahin wüsste ich gern, was wir machen. Was möchtest du?”

Mit so einer Frage hatte Mirash nicht gerechnet. As konnte doch schlecht antworten, dass as mit in Flederschattens Basis wollte. “Ich weiß es nicht.”, log as. “Ich glaube, nach dieser Sache möchte mich die Zeit-Fraktion nicht mehr so gern um sich haben. Sie haben ziemlich deutlich gemacht, was sie eigentlich von mir erwarten.” Wenigstens war mehr schlecht gelaufen, als geplant. Flederschatten hatte tatsächlich halbwegs überzeugend versichert, nicht die Dramaturge in die Luft gejagt haben zu wollen. “Und ich schätze, ich bin nirgends mehr willkommen. Vielleicht sollte ich mir einen neuen Account zulegen.”

Flederschatten schmunzelte. “Dabei bist du nun so ein interessanter Charakter.”

Die neue Welle an Glut, die durch Mirashs Körper rauschte, traf as überraschend unvorbereitet. As schluckte. “Würdest du mich mitnehmen?” As schloss die Augen. As hatte es also doch gefragt.

“Ja.”, antwortete Flederschatten schlicht. Leise und einfühlsam, als gäbe es viel zum Einfühlen.

Mirash atmete zitternd ein. “Dann ist es das, was ich möchte.”

Flederschatten stuppste die Kröte mit einem Finger sachte an, die darauf in shane Kapuze hoppste. So klebrig galant, wie schöne Kröten eben hoppsen. Dann streckte sha einen Arm über den Tisch aus, die Hand nach oben geöffnet, Mirash entgegen. “Wenn du Probleme mit schnellen Bildern, Licht- oder Szenenwechsel hast, schließ die Augen, bevor du die Hand in deine nimmst.”

“Zeitreisen wir zu dir?” As blickte auf die zart-weiche, ausgestreckte Hand. Die Finger waren auf ihrer derzeit oberen Seite rötlich-hellbraun, etwas dunkler in den Falten bei den Gelenken. Mirash hätte sie gern angefasst, einfach um die Handschuhe und die Haut zu erfühlen, aber zögerte. As wusste nicht genau, ob der Grund für das Zögern der Zeit-Effekt wäre, den as gleich kennen lernen würde, oder die warmen Gefühle, die as nicht mit dem Anfassen verbinden wollte. Darüber wollte as eigentlich wenigstens ehrlich sein.

Die Hintertür öffnete sich und Flammenfinger betrat die Dramaturge. Das Kleid wirkte etwas ramponiert aber nicht beschädigt. “Ihr seid im Begriff zu gehen?”, fragte sey. Hinter sem trat nun auch Antagone wieder in den Raum. Das Gesicht war ein einziges Staunen.

Flederschatten nickte. “Oder hast du noch etwas zu besprechen?”

“Seid lieb zu einander.” Flammenfinger klopfte das Kleid ab und hielt anschließend die Tür auf.

“Ich bin immer lieb, du kennst mich doch.” Ein weiteres, schmales Grinsen stahl sich auf shan Gesicht, das sich nun wieder Mirash zuwandte. Sha bewegte auffordernd zwei Finger.

Mirash atmete tief durch und ergriff die Hand.

As hatte nicht geplant, die Augen zu schließen, aber die Bilder schossen zu schnell an ihm vorbei. Vielleicht war Zeit wirklich keine so gute Elemente-Wahl gewesen, wenn das dazugehörte. Als as den Sog auf der Hand, und die von der Virtualität angetriebenen, angedeuteten Laufbewegungen nicht mehr spürte, öffnete as die Augen wieder und erkannte wenig überraschend die Gegend nicht mehr. Sie waren auf einem unscheinbaren, überdachten Hinterhof. Flederschatten führte as zwei Stufen hinab durch eine Tür in eine Halbkellerwohnung. Es war, wie überall in Lunascerade, dunkel, aber Flederschatten entflammte ein langes Streichholz und anschließend mit diesem ein paar Kerzen, die in Wandkerzenhaltern steckten. Im Raum stand ein altes, abgewetztes Sofa, ein Regal mit ein paar wenigen Büchern darin, ein Schrank, von dem hellblaue Farbe abplatzte, ein Tisch und ein breites Doppelbett, – letzte beiden Möbelstücke waren in einwandfreiem Zustand. Dekadent war das im Vergleich zur Ausstattung bei der Zeit-Fraktion nicht. Aber sehr gemütlich. Romantisch vielleicht. Mirash sollte das ansprechen. Oder eine Spielpause machen und den Bedarf an Romantik oder auch Sex anderswo decken.

“Setz dich, wenn du magst.”, ludt Flederschatten ein, als auch die Kerzen auf dem Tisch in der Mitte brannten.

“Ich hätte was zu besprechen, was nicht so sehr mit dem Spiel Lunascerade zusammenhängt.”, sagte Mirash. “Wenn das okay ist.”

Flederschatten legte das abgebrannte Streichholz in eine Schale auf dem Tisch, lehnte sich selbst daran, sodass sie einigermaßen auf Augenhöhe reden können würden. “Worum geht es?” Sha räusperte sich. “Das klang vielleicht wenig einladend von meiner Seite. Natürlich ist das okay.”

“Du darfst gern, sehr gern direkt abblocken.”, stellte Mirash klar. “Wie gut kommst du mit dem Gesprächsthema Sex klar?”

Flederschatten runzelte für den Bruchteil eines Moments die Stirn, dann war das Gesicht wieder glatt und sortiert. “Du hättest jetzt gern welchen? Mit mir?”

Nun, das war vielleicht nicht schwer zu schließen. Trotzdem wurde Mirash heiß, nun vor allem wegen der Angst, doch irgendwie aufdringlich zu sein. “Natürlich nicht, wenn du nicht möchtest, dann brechen wir das Thema sofort ab. Ich möchte nichts, wozu du nicht klar consentest, und habe auch kein Interesse an sexueller oder romantischer Interaktion, wenn sich innerhalb eines Gesprächs über Grenzen und Bedürfnisse herausstellt, dass unsere nicht matchen. Harmonieren, zusammenpassen, sowas.”

Flederschattens Gesicht umspielte nun ein leichtes Lächeln. “Ich hatte noch nie Sex mit einer Person, die ich so schlecht kannte wie dich. Und ich hatte noch nie Internet-Sex. Aber ich kann mir vorstellen, zu möchten, wenn wir alles gut absprechen.”

Wow, dachte Mirash bloß. Und daran, dass in sainem reizüberladenen, romantisierten Gehirn auch noch irgendwo Platz für besagten Consent-Talk bleiben musste. As hatte eine Stichpunkt-Liste für sich auswendig gelernt, um sie in solchen Situationen durchzugehen, aber diese ergänzte as gerade zügig durch ein paar Punkte, die Mirash zusätzlich in diesem Kontext klarstellen wollte. “Wow.”, sagte as trotzdem erst einmal.

“Selber.”, sagte Flederschatten.

“Ich würde gern für dieses Spiel, Lunascerade meine ich, klarstellen, dass mein romantisches und sexuelles Interesse von selbigem losgelöst ist. Dass es vor allem physisch, körperlich und eben auf gewisse Art romantisch, also chemisch ist.”, sagte as. “Ich möchte dadurch keine spieltechnische Beziehung vertiefen. Pläne und Gesinnungen bezüglich Lunascerade, die ich habe, hatte ich schon vorher, und ändern sich dabei nicht.”

“Du willst damit sagen, wenn du mich heimlich umbringen wolltest, dann wirst du es nicht währenddessen versuchen, sondern erst, wenn wir die Situation wieder aufgelöst haben?”, fragte Flederschatten. “Aber du wirst den Plan keinesfalls abhängig vom Sex ändern?”

Mirash grinste. “Ja, sowas.”

“Einverstanden.” Flederschatten lächelte sanft und nickte. “Wir könnten dazu natürlich, um es vom Spiel abzugrenzen, in eine andere Virtualität umziehen.”

Mirash grübelte einen Moment stirnrunzelnd. Das war eigentlich keine schlechte Idee, aber warum fühlte sie sich dann so enttäuschend an?

“Dieser Raum gefällt dir?”, fragte Flederschatten.

“Schon sehr. Und du und dein weiches Outfit.”, gab Mirash zu. “Aber zum einen ließe sich viel davon mitnehmen und zum anderen ist vor allem wichtig, dass du dich vollkommen sicher fühlst. Ich werde gleich noch ein paar weitere Dinge über mich offen legen, damit du mehr Klarheit hast. Aber lass uns gern erst besprechen, ob du lieber in eine andere Virtualität möchtest.”

Flederschatten stieß sich vom Tisch ab und kam einen Schritt auf Mirash zu. “Ein Kellerloch in Mitten einer düsteren Stadt, wo Gefahren lauern, finde ich durchaus sehr atmosphärisch.”, sagte sha. “Von mir aus reicht, wenn wir uns mental von der Spiel-Politik lösen und hier bleiben.”

Das war fast zu viel für Mirash. As wich einen Schritt nach hinten zurück. Bald würde die Wand kommen.

Flederschatten reagierte sofort und lehnte sich zurück an den Tisch. “Das war zu früh.”, sagte sha. “Ich habe keine Erfahrung. Und du bist anziehend, seit du gesagt hast, was du willst.”

“Deine Anziehung reagiert auf Konsens?”, fragte Mirash.

Flederschatten nickte.

“Wie cool.”, sagte Mirash leise. “Ich wünschte, ich wäre da auch so. Ich hätte, wenn du nun ‘nein’ gesagt hättest, wohl eine Spielpause gemacht, um anderswo zu versuchen, die Bedürfnisse zu decken. Immerhin funktioniert durch konkret geäußertem Nicht-Konsens einigermaßen, dass ich Gefühle, die für bestimmte Personen entstehen wollen, in den Griff kriege. Es ist kompliziert und ich hasse jedes bisschen davon, was nicht leicht kontrollierbar ist, aber Leute stört.”

“Meinst du so etwas wie Fantasien mit konkreten Leuten?”, fragte Flederschatten. “Hast du dir schon Sex oder so etwas mit mir ausgemalt? Ist die Frage zu persönlich oder offensiv?”

“Sie ist krass persönlich.”, gab Mirash zu und beantwortete sie trotzdem. “Ich habe mir vorgestellt, wie sich deine Haut an der Hand und deine Kleidung anfühlen mag. Es ist mir unangenehm darüber zu reden, aber ich habe den Eindruck, Ehrlichkeit ist gerade wichtig.”

Flederschatten senkte den Blick. “Es geht hier mehr um Offenheit als um Ehrlichkeit, oder nicht?” Sha strich sich mit der einen Hand über die Innenfläche der anderen. “Ich habe den Drang, zu sagen: wenn du willst, komm her und fühl nach.”

Es provozierte. Dass die Erlaubnis nur indirekt formuliert war, dämpfte es etwas, aber Mirash konnte nicht anders, als in Gedanken hinüberzugehen, bremste den Gedanken, lokalisierte sich dort, wo as stand und ging in Gedanken schon wieder hinüber. As schloss die Augen und atmete. Was sollte diese Unkontrolle, dieser Sog? “Ich habe ausschließlich sexuelles Interesse an mir fremden Personen.”, sagte Mirash stattdessen. Es fühlte sich etwas Roboter-artig an. “Bei romantischem Interesse ist es ähnlich, das verblasst auch rasch, wenn ich eine Person besser kennen lerne. Nicht ganz so schnell, wie sexuelles Interesse. Letzteres baut vor allem auf Neugierde auf, darauf, dass ich noch nicht weiß, wie es sich mit einer Person anfühlt.”

“Also wird das hier ein One-Night-Stand?”, fragte Flederschatten.

“Oder es gibt noch ein Second-Night-Stand. Außer bei meinen ersten Dates, bei denen ich noch nicht wusste, wie das bei mir ist, hatte ich aber nur ein einziges Mal noch ein Third-Night-Stand.”, fasste Mirash zusammen.

“Verblasst dein Interesse nur, wenn du sexuelle Dinge mit einer Person hattest, oder auch, wenn du sie näher kennen lernst, ohne dass Sex passiert ist?”, erkundigte sich Flederschatten.

“Auch in letzterem Fall.”, antwortete Mirash. “Sex fühlt sich für mich mit Leuten nicht gut an, die ich besser kenne. Dann ist da kein Interesse bei mir.”

Flederschatten lächelte sanft und hob den Kopf wieder. Mirash konnte nicht anders, als dieses Lächeln anzusehen. “Das hört sich für mich nach einer stressigen sexuellen Orientierung an. Ist Orientierung hier das richtige Wort? Ist es eine Form von demisexuell?”

“Das perfekte Label habe ich noch nicht gefunden.”, antwortete Mirash. “Einfach ist was anderes. Aber mit doch noch gerade so brauchbaren Mikrolabeln und guten Profil-Matching-Algorithmen finden sich gelegentlich Leute für so etwas. Ansonsten habe ich nicht selten Sex mit dafür kreierten, virtuellen, imaginären Personen. Trotzdem ist so eine Situation wie diese hier sehr besonders und eher selten für mich. Wenn du immer noch Interesse hast.”

“Habe ich.”, sagte Flederschatten. “Ich bin auch unsicher, und ich sage noch nicht zu allem zu. Je nachdem, was du willst und so. Aber wenn dich im Zweifel schon glücklicher macht, nur meine Hände und meine Kleidung anzufassen, klingt das schon einmal nach etwas, wozu ich gern konsenten würde.”

Mirash sog hastig die Luft ein. “Es wäre”, as zögerte und setzte neu an. “Auch das wäre schon sehr besonders und würde mich glücklich machen, wenn du es magst.”

“Lasst uns über das mehr reden, das, was du noch willst, oder besser, was wir beide noch wollen.”, sagte Flederschatten. “Wie gehst du normalerweise bei so etwas vor? Du hast mehr Erfahrung.”

Mirash lächelte. “Der erste Punkt war, dich deutlich darüber aufzuklären, was für eine Schlampe ich bin.”, sagte as. “Wie oberflächlich. Nicht böse oder abwertend gemeint. Es ist eine bewusst gewählte Selbstbezeichnung. Es ging mir darum, dass du weißt, worauf du dich einließest.”

“Ich denke, das habe ich jetzt verstanden.”, sagte Flederschatten. “Es hat nichts mit Freundschaft oder partnerschaftlicher Beziehung zu tun. Wir machen das losgelöst von Spiel-Intrigen, wie auch immer die aussehen. Es geht darum, körperliche Bedürfnisse zu decken und einen Haufen Hormongedöns in eine ein- bis zweimalige, gegebenenfalls leidenschaftliche Sexsache umzusetzen.”

Mirash nickte. “Ich arbeite außerdem mit Safe Words.”

“Nicht unüblich.” Flederschatten nickte. “Ich habe zuletzt mit der Ampel gearbeitet. Rot für sofortiges, komplettes Auflösen. Gelb für Innehalten, und wenn das nicht reicht, langsam Stück für Stück auflösen, bis geredet werden kann. Und Grün, wenn eine Person mitteilen will, dass etwas sehr okay ist, auch wenn es nicht gut anderswodurch erkennbar ist.”

“Ja, damit habe ich auch viel gearbeitet. Das können wir so halten.”, stimmte Mirash zu.

“Wie häufig hast du Sex?”, fragte Flederschatten. “Ist das eine zu persönliche Frage? Ich weiß nicht einmal genau, warum ich das wissen will.”

“Kommt drauf an, was zählt.”, antwortete Mirash. “Mit NPCs sozusagen etwa einmal in der Woche. Mit Avatars, hinter denen echte Personen stecken, eher so drei Mal im Jahr, aber dann meist je zwei Mal.”

Flederschatten grinste. “Daraus ergibt sich die nächste viel zu persönliche Frage: Und wie oft mit Menschen außerhalb des Internets?”

“Noch nie.” Davon gingen die meisten nicht aus und Mirash gab sich oft nicht die Mühe, deren Vorstellungen zu korrigieren. “Deine Fragen sind in Ordnung. Du darfst alles fragen. Wir sind fast alle unangenehmen durch, und wenn ich irgendetwas nicht beantworten will, sage ich das einfach.”

“Dir war unangenehm, dir vorzustellen, meine Hände anzufassen.”, erinnerte sich Flederschatten. “Ist das so, weil du eigentlich gern keine Vorstellungen hättest, solange Leute nicht Einverständnis äußern, aber deine Gedanken schneller sind, als deine Beherrschung?”

Mirash nickte. “Besser hätte ich das nicht auf den Punkt bringen können.”

“Solange du mir nur auf Nachfrage davon erzählst, was du dir vorstellst, kannst du dir gern mit mir alles vorstellen, was du willst.”, erlaubte Flederschatten.

Ein weiteres Lächeln machte sich auf Mirashs Gesicht breit. “Das entspannt auf der einen Seite, aber auf der anderen ist vorhersehbar, dass mein Fantastik-Apparat im Gehirn gleich frei dreht.”

Flederschatten kicherte. “Ich bin, wenn ich mich nicht zurückhalte, etwas sadistisch. Ist das okay für dich.”

“Wow, ja!” Mirash fiel erst zu spät ein, dass das nicht uneingeschränkt stimmte. “Also, kommt auf den Sadismus an. Du hast so ein paar sadistische Vibes, die ich sehr mag.”

Die so lässig halb lehnende Gestalt, verschränkte die Arme und setzte ein bestimmtes, sachtes Lächeln auf. “Was sind die anderen unangenehmen Fragen?” Sha hob kurz einen Finger aus der Armbeuge hervor. “Das war eine Reflex-Frage, als du sagtest, wir wären fast alle unangenehmen durch. Die ich unterdrückt habe. Diesen Sadismus meine ich. Immer in die wunden Punkte spielen.”

Mirash kicherte. “Nehme ich. Gefällt mir.”, stimmte as zu. “Es wären welche nach meinen Kinks.”

Sie blickten sich einige Momente erwartungsvoll an. Mirash vermutete, dass Flederschatten darauf hoffte, dass as gleich darüber reden würde – ohne noch einmal extra danach gefragt zu werden. Aber das Spiel war zu schön, sha diesen Gefallen nicht zu tun.

“Die da wären?” Flederschatten schürzte gespielt die Lippen.

“Vorweg: für mich ist wichtig, dass so etwas im Spielkontext bleibt und nicht plötzlich unabgesprochen in einem anderen Rahmen Anwendung findet, auch wenn eine Situation aufkommen sollte, die sich doch wieder romantisch anfühlt.”, stellte as klar.

Flederschatten nickte. “Verstanden.” Sha klang dabei überhaupt nicht verspielt, was Mirash ein angenehmes Gefühl von Sicherheit gab.

“Ich stehe darauf, wenn im Spiel Leute Dinge nachahmen, die in der Welt da draußen übergriffig wären.”, erklärte Mirash. Ihm wurde sehr heiß dabei und as senkte den Blick, bevor as fortfuhr. “Ich stehe auf Gier, ich stehe darauf, wenn Leute mir klar machen, wie sehr sie etwas von mir wollen.” As stockte der Atem. Da war noch mehr, aber as war verheddert.

“Was interessant ist, denn du hast angefangen, weil du willst.”, sagte Flederschatten leise, mit dieser Weiche in der Stimme.

Mirash blickte kurz auf in dieses Gesicht, aber senkte den Blick direkt wieder. Eins nach dem anderen. “Ich stehe darauf, etwas in der Bewegungsfreiheit eingeschränkt zu werden. Nicht gefesselt, aber sachte gegen Wände gedrückt, festgehalten oder vorsichtig umklammert. Ich mag es, wenn Leute fordernd sind. Gierig, und”, as stockte einen Moment, “Knie zwischen Beine schieben vielleicht.” Endlich wagte as es, wieder aufzusehen.

Flederschatten stand unverändert an den Tisch gelehnt und blickte zurück, reagierte nicht sofort. Und dann sagte sha leise: “Ich mag das auch.”

“Das war so ein bisschen meine Hoffnung, als du meintest, du wärest sadistisch, muss ich zugeben.” Mirash versuchte ein unsicheres Lächeln.

Aber Flederschatten schüttelte den Kopf. “Missverständnis. Mist.”, sagte sha. “Beim Sadismus geht es nicht unbedingt um so etwas. Eher um Teasen und um fies sein. Weniger darum, zu fixieren oder um die Form von Dominanz, die Gegenstück zu deinen Kinks ist. Kink war das Wort, das du für alles davon benutzt hast, richtig?” Flederschatten wartete Mirashs Nicken ab, bevor sha fortfuhr. “Ich meinte, ich habe eher ungefähr die selben Kinks. Ich habe sehr, wirklich sehr darauf reagiert, als du mir mitgeteilt hast, dass du mich anfassen willst. Und wo.”

Mirash atmete heftig ein. Und kicherte dann. “Ja, ich würde dich gern anfassen, wenn du möchtest und mich lässt.”

“Und vielleicht lasse ich dich nicht.” Flederschatten grinste. “Also, wenn dich der Entzug quält, und du nicht stattdessen nicht mehr willst, weil du nur willst, was ich zulasse.” Sha zögerte plötzlich kurz und korrigierte: “Und wenn die Qual, nun, süß für dich ist. Wenn du dich gern quälen lässt.”

Mirash senkte den Blick. “Es kann funktionieren. Tease And Denial funktioniert bei mir nicht immer. Mein Inneres reagiert da manchmal mit Trotz drauf. Aber du darfst gern probieren.”

“Und wie sieht das mit Wechseln aus, was etwa das gegen Wände oder auf Unterlagen drücken angeht?”, fragte Flederschatten.

Ihrer beider Blicke wanderten bei dem Wort ‘Unterlagen’ zum Bett. Dann trafen sie sich wieder und sie grinsten beide.

“Ja, ich drücke auch gern Leute gegen Wände, wenn sie dabei schmelzen und ich das sehe oder sowas.”, sagte Mirash flapsig. “Ich experimentiere überhaupt gern. Wenn du mit mir irgendetwas bestimmtes ausprobieren möchtest, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ich das möchte. Es ging gerade spezifisch um meine Kinks. Die versetzen mich noch einmal in ein etwas unkontrollierteres Mindset.”

“Für Kontrollverlust bin ich wiederum sehr gern verantwortlich.” Flederschatten rieb sich die Hände.

Mirash kicherte. “Ich glaube, wir werden Spaß haben.”

Flederschatten nickte, wirkte dann aber plötzlich wieder ernster. “Ich wollte schon immer Mal etwas bestimmtes ausprobieren.”, sagte sha. “Und zwar mag ich erste Male und habe mich gefragt, woran das liegt. Ich mochte besonders die ersten Male, bei denen ich mit einer anderen Person sehr unsicher war, was wir wollen. Dagegen mochte ich die ersten Male weniger gern, wo wir von Anfang an wussten, wir wollen küssen oder dies oder jenes und das einfach gemacht haben. Du wirkst jetzt schon skeptisch.”, Flederschatten unterbrach den Redefluss.

“Ein wenig.” Mirash hatte tatsächlich die Stirn gerunzelt. “Ich bin eigentlich lieber eine Person, die vorher gern relativ genau abspricht, wozu es kommen darf und wozu es ganz sicher nicht kommen soll. Ich bin gerade sehr unsicher, wie das mit dem, was du da beschreibst, zusammen gehen kann.”

“Indem du mich zum Punkt kommen lässt.” Flederschatten grinste wieder einen kurzen Moment. “Ich würde gern ausprobieren, vorher abzusprechen, was wir machen, aber die Dinge trotzdem nicht sofort umsetzen. Ich glaube, ich habe starke romantische Gefühle, bevor gewollte physische Interaktionen tatsächlich ausgeführt werden. Und ich wollte immer Mal ausprobieren, wie sich mit romantischen Gefühlen in dieser Art spielen lässt.”

“Also du magst quasi auch gern geteaset werden?”, schloss Mirash vorsichtig, dieses Mal erst, als as sicher war, dass Flederschatten ausgesprochen hatte.

Sha wirkte nachdenklich und gab ein untermalendes “Hm” von sich. “Irgendwo hast du recht, aber es fühlt sich nicht wie das gleiche an. Es ist weniger ein Entziehen, als eine Langsamkeit, ein Fallenlassen in Erwartungen, bevor etwas passiert. Ein Auskosten eines Moments davor.” Flederschatten runzelte die Stirn. “Vielleicht ergibt das alles keinen Sinn. Und es ist einfach Teasen.”

“Vielleicht ein bestimmtes Teasen.”, überlegte Mirash. “Ich finde, es ergibt schon Sinn. Und mir macht die Unterhaltung gerade sehr viel Spaß.”

Flederschattens Haltung wurde weicher. “Mir auch.”, sagte sha sanft. “Was sind denn Dinge, die du gern tun würdest, und Dinge, die eher nicht passieren sollten?” Wieder wirkte sha kurz nachdenklich und fügte hinzu: “Was für technische Möglichkeiten brauche ich?”

“Oh.”, machte Mirash. “Daran habe ich noch nicht gedacht. Natürlich bieten nicht alle EM-Anzüge Einsätze und sind auch grundsätzlich verschieden ausgestattet, wegen verschiedener Bedürfnisse an Sensorik. Klassisch natürlich die sensorisch sehr sensiblen Stellen und erogenen Zonen betreffend. Mein EM-Anzug schließt sauber um Brüste ab, sitzt sehr gut im Schritt, und ich hätte da auch entsprechende Einsätze für filigrane penetrative Zwecke. Er ist auch in der Lippentechnik ziemlich neu und gut. Weil ich eben ausschließlich virtuell Leute treffe für so etwas. Ich hatte noch nie ein Date mit einer Person, die da nicht so ausgestattet ist, wie sie das jeweils will.”

“Ich habe keine Einsätze. Ich habe Lippenhaut-Gedöns, das ist nicht brandneu, aber taugt, um mit Lippen Dinge recht präzise zu ertasten. Ich habe das vorwiegend, weil ich mit Lippen gern stimme. Sagt dir das was?” Sha hatte das ‘s’ von ‘stimmen’ stimmlos ausgesprochen. Es war ein vom Niederelbischen Stimming1 abgeleitetes Wort.

Mirash nickte. “Ich habe einige liebgehabte Wesen im Umfeld, die stimmen.”, sagte as. “Ich habe gerade das Gefühl, irgendwie Druck gemacht zu haben. Du wirkst bei dem Thema unsicher. Ich möchte gerne klarstellen, dass EM-Anzüge alle in einer Weise ausgestattet sind, dass damit viele Dinge möglich sind, die ich mag, und ich nicht mehr für mich erhoffe oder so etwas. Es macht mir nur gelegentlich Spaß. Es geht hier nicht darum, was du bräuchtest, sondern was mit dem, was du hast, möglich ist.”

Flederschatten nickte. “Ich bin nur nervös, das ist alles.”, sagte sha. “Ich muss den Anzug wahrscheinlich ohnehin hiernach erst einmal waschen.”

Mirash grinste. “Jetzt schon?”

“Ja, jetzt schon.” Flederschatten fiel in das Schmunzeln ein. “Du bist halt heiß.” Den Blick sehr genau auf Mirashs Körperhaltung gerichtet, legte sha den Kopf schief und hob wieder einen Finger aus der Verschränkung. “Deshalb habe ich das gesagt. Damit das passiert.”

Mirash versuchte aus dem Knäuel aus Belustigung, Feuer und stockendem Atem, das as war, wieder aufzutauchen. “Du bist gut! So gut!”

“Eben nicht nur im Spiel overpowert.”, sagte Flederschatten.

Mirash stockte der Atem, als as auffiel, was mit dem Element Zeit noch machbar wäre. “Du könntest binnen Augenblicken unerwartet vor mir stehen.”

“Das klingt nach einem Plan.” Flederschattens Stimme hatte einen sachlichen Ton wiedergefunden und erinnerte: “Du hast nur die Anzugfrage halbwegs beantwortet.”

“Ich werde Mal sehr konkret, in Ordnung?”, fragte Mirash.

Flederschatten nickte. “Ich bitte darum.”

“Ich habe eine Vagina und ich mag nicht, wenn da etwas eingeführt wird, was größer als ein Finger ist. Ich denke, ich werde mich vor der Session nicht noch einmal umziehen, weshalb Einführen eine Sache wäre, von der nur du etwas mitbekämst. Deshalb würde ich das für heute gern ganz lassen.”, beschloss Mirash.

Flederschatten nickte wieder. “Ich habe auch eine Vulvina. Ich bin, nach manchen Definitionen zumindest, inter, was sich bei mir vor allem in einem etwas selteneren Hormonspiegel auswirkt, oder auch in anderer Körperfett- und Muskulaturverteilung. Ich weiß nicht, ob das Grund dafür ist, oder dass ich manchmal so etwas wie Dysphorie habe, was meine Brüste betrifft, aber ich mag nicht gern, wenn Fokus auf ihnen liegt, und sie fühlen irgendwie vergleichsweise wenig. Ich mag, wenn Mal eine Hand außen davon entlangstreicht, aber alles andere finden irgendwie viele andere toll, ich aber nicht.”

“Das klingt nervig.”, sagte Mirash, aber konkretisierte dann zügig: “Also nicht für mich, sondern dass du auf eine wohl unfreiwillig experimentelle Art herausfinden musstest, dass du etwas nicht magst, wovon viele denken, es müsste toll für dich sein. Bei mir hat so etwas zumindest viel Zweifel ausgelöst, ob an meiner Art oder meinem Körper vielleicht etwas nicht stimmte.”

“Wow.” Flederschatten wirkte plötzlich traurig, dass es Mirash fast erschreckte. “Ja! Ja, das trifft genau meine Erfahrung. Und ja, es war nervig und anstrengend und ich fühle mich gerade verstanden.”

Mirash hätte Flederschatten ja gern eine Umarmung angeboten. Aber war das im Moment hilfreich? Oder würden sie daraus vor fertiger Absprache irgendetwas anfangen. Mirash nickte einfach und kam sich dabei seltsam fehl am Platz vor.

“Ich hatte deine Listung unterbrochen und mit meinen Brüsten angefangen. Wie geht deine weiter? Oder soll ich mit meiner fortfahren?”, fragte Flederschatten.

“Fahr gern mit deiner fort.”, beschloss Mirash.

“Ich mag küssen, aber ich mag keine Zungenküsse.”, sagte Flederschatten. “Beziehungsweise, es kommt darauf an, was schon als einer gilt. Ich mag, wenn meine Lippen kurz mal von einer Zungenspitze berührt werden, schon, aber nicht, wenn Zungen zu sehr hineingedrängt werden oder sehr aktiv sind.” Sha runzelte schon wieder die Stirn und die Ergänzung ließ nicht lange auf sich warten: “Das spielt keine Rolle, weil ich keinen EM-Fortsatz für Zungen habe, oder?”

“Du würdest meine Zunge dort spüren können, wo du EM-Anzug hast. Und ich würde deine verhältnismäßig brauchbar dort spüren können, wo ich EM-Anzug habe, weil Virtualitäten auch von Bildern aus Berührung ergänzen können, nicht nur über die Übertragung von EM-Anzug-Daten.”, erklärte Mirash. “Aber wenn du kein Mundinnenstück hast, oder Alternativ ein modulares EM-Tuch, das eben Dinge auch mit etwas Physik nachbildet, dann spürst du an der Zunge nichts und das finden zumindest viele etwas seltsam.”

“Ich habe nichts dergleichen. Hast du eins davon?”, fragte Flederschatten.

“Letzteres.”, antwortete Mirash. “Die EM-Tuch-Variante ist aber weniger perfekt. Die Haptik bleibt für die Zunge halbwegs Tuch. Ich habe Mal mit einem Mundinnenstück experimentiert, aber das fühlte sich für mich nicht so gut an. Da muss noch dran gefeilt werden. Fazit jedenfalls, ich könnte dich, außer an den Stellen, wo du nicht mit EM-Anzug bedeckt bist, mit der Zunge liebkosen oder anlecken, und wir beide würden das brauchbar spüren. Umgekehrt schwieriger.”

“Würde dir was fehlen, wenn ich dich einfach nicht anlecke?” Flederschatten übernahm ohne Zögern die Wortwahl. Sie grinsten wieder beide.

Mirash schüttelte den Kopf. “Gar nicht. Wenn ich dich richtig verstanden habe, möchtest du vor allem im Mund nicht ausführlich angeleckt werden, aber woanders schon?”

“Eigentlich auch anderswo nicht ausführlich.”, widersprach Flederschatten. “Kannst du mir zeigen, wenn wir soweit sind, wie du das machen würdest, und ich sage, ob ich es mag?”

Mirash nickte. “Schon.”, sagte as, aber runzelte zögerlich die Stirn. “Ich stelle mir also gerade diese Sache mit dem Abwarten vor. Zum Beispiel, einfach hypothetisch erstmal, wir liegen sehr lange dicht nebeneinander auf dieser Unterlage, die wir aus welchen Gründen auch immer bisher nicht einfach Bett genannt haben, und nähern uns sehr langsam an, bis ich dir vielleicht vorsichtig die Nasenspitze küsse. Und dann sagst du: Hey, das war mir zu wenig Zunge, da kannst du ruhig eine Nuance mehr.”

Flederschatten lachte, und Mirash, das das ja beabsichtigt hatte, stieg mit ein. “Für später, denke ich.”, sagte sha. “Ich denke, wenn du mir die Nasenspitze küsst, wird das ohne Zunge erstmal wundervoll sein. Ich mag deine Vorstellung. Auch, wenn ich der Szenerie ein Intro vorweg verpassen würde, in dem wir diese Sache umsetzen, in der ich mit Zeitmagie zu schnell und sehr dicht vor dir lande. Und du meine Hände anfasst. Und vielleicht unsicher meine weiche Kleidung. So stelle ich mir das gerade vor.” Und in Mirashs schnelleren Atem hinein fügte sha hinzu: “Dein Körper wirkt schonmal einverstanden.”

“Ich auch.” Mirash merkte, wie die eigene Stimme etwas rau klang.

“Und dann machen wir da so lange vorsichtige Anfass-Dinge in dicht, ohne, dass die Gesichter etwas berühren, bis das ausgekostet ist, und ziehen aufs Bett um, wo du irgendwann meine Nasenspitze küsst. Wir fahren sehr langsam fort, bis wir irgendwann vielleicht doch einer unbarmherzigen Leidenschaft nachgeben – oh, ich glaube die Lyrik geht mit mir durch –, die uns aneinander schweißt und uns küssen und anfassen lässt. Ein Knäuel, in dem wir abwechselnd die jeweils andere Person mal nach unten drücken, den Kopf festhalten, Finger in Haare verkrallen, in den Hals beißen. Moment, bin ich zu schnell? Mag dein Körper auch Halsbisse?”

“Sehr, aber die funktionieren wieder nur mit EM-Schiene.” Mirash wusste nicht, wie as nun überhaupt noch im Stande war, zu sprechen.

“So eine habe ich. Für Stimming. Sollte aber auch dafür taugen, ein bisschen an dir herumzunagen.” Flederschatten grinste, und Mirash war sich ziemlich sicher, dass es eine befriedigte Reaktion auf Mirashs Körperreaktionen war.

“Wow.”, hauchte as. “Unter den technischen Voraussetzungen gäbe es für mich nichts mehr zu besprechen. Wie sieht das mit dir aus? Gibt es noch Tabus oder so etwas?”

Flederschatten legte kurz die Finger an die Lippen, als Geste fürs Nachdenken, die aber auch eine gewisse Erotik innewohnen hatte. “Nichts, was mir gerade einfiele und im Zweifel gibt es noch Safe Words.”

Mirash nickte. Ein paar Momente sahen sie sich schweigend an. Mirash nickte noch einmal. Dann stieß sich Flederschatten von der Tischkante ab und eröffnete das Spiel. In Mirash verabschiedete sich einiges an Kontrolle. As tauchte in ein Mindset aus Verlangen, Gier und Genuss, das jetzt auch voll und ganz erlaubt und erwünscht war.

  1. Es ist eigentlich Englisch und eingedeutscht, und beschreibt Emotionsregulierung durch bewusst zugeführte Reize. Dazu können zum Beispiel Haare drehen, auf Beißringen rumkauen und so etwas gehören. Es gibt auch eine Reihe Stimm-Toys.